Finnisch – die kleine Schwester des Schwedischen?

Viele Finnen sprechen Schwedisch und umgekehrt. Da kommt schnell die Vermutung auf, dass beide Sprachen miteinander verwandt sein müssen, oder?! Tja, das ist leider falsch. Finnisch gehört zur Familie der finno-ugrischen Sprachen, ist also verwandt mit Estnisch und Ungarisch, wenn auch entfernt. Die geografische Nähe zu Schweden spielt hier keine Rolle.

Finnisch (Eigenbezeichnung suomi) ist eine der zwei Amtssprache in Finnlands, neben Schwedisch, und wird außerdem noch in Teilen Norwegens, Schwedens und Russland gesprochen und ist eine der EU-Amtssprachen. Insgesamt geht man von etwa 5 Millionen Sprecher*innen weltweit aus. Damit ist Finnisch eine eher kleine Sprache.

Der Ursprung kann nicht eindeutig belegt werden. Wahrscheinlich fand die Abspaltung des Finnischen von den anderen verwandten Sprachen etwa vor 3000 Jahren statt. Der intensive Sprachkontakt mit germanischen und baltischen Sprachen zeigt sich im Wortschatz des Finnischen, sonst sind die Ähnlichkeiten sehr gering. Da die finnische Sprache nicht mit indoeuropäischen Sprachen wie Deutsch, Tschechisch oder Spanisch verwandt ist, ist das Erlernen der Sprache ein lernintensives Projekt. Grammatik, Wortschatz und Klang sind ungewohnt und erfordern viel Fleiß.

Die Anzahl der Dialekte ist überschaubar, aber Angesicht der Sprecher*innenzahl doch zahlreich. Es wird zwischen den West – und Ostdialekten unterschieden. Die meisten Dialekte sind untereinander verständlich. Je nach Region erkennt man die Einflüsse von Kontaktsprachen in den jeweiligen Dialekten.

Finnisch wird in lateinischer Schrift geschrieben und besitzt eine phonetische Schreibung, d.h. ein Buchstabe repräsentiert einen Laut. Nur vereinzelt werden spezielle Ausspracheregeln wie z.B. die Auslautverdopplung nicht verschriftlicht. Buchstaben wie <c, q, w, x, z> kommen nur in Fremdwörtern vor.

Die ältesten Quellen einer finnischen Standardsprache stammen aus der Zeit der Reformation. Eine wichtige Rolle spielt dabei Mikael Agricola, ein Bischof aus dem 16. Jahrhundert, der viele Texte ins Finnische übersetzt hat unter anderem das Neue Testament.

Das Konsonanten- und Vokalinventar des Finnischen ist überschaubar und es gibt nur wenige Laute, die für Deutschen schwierig sind, z.B. werden die Konsonanten kaum behaucht. Aber Finnisch besitzt wesentlich mehr Diphthonge (so etwas wie <au>) als das Deutsche, je nach Zählweise bis zu 18! Ein interessantes Detail ist auch die vorherrschende Vokalharmonie, bei der nur bestimmte Vokale zusammen auftreten können. Das findet man auch im Ungarischen und in vielen Turksprachen.

Finnisch ist eine agglutinierende Sprachen, d. h. die grammatischen Merkmale werden nacheinander gereiht und ergeben lange Wortketten. Es gibt 14 Kasus, davon acht Lokalkasus! Es werden keine Genera (maskulin, feminin, neutrum) unterschieden und auch die Artikelnutzung existiert nicht. Innerhalb der Deklination von Substantiven und Adjektiven gibt es viele Lautwechsel.

Die normale Wortfolge ist SVO, aber je nach Kontext kann sie auch frei sein, wobei dann die Satztypen entscheidend sind.

Die Finnen haben einen reichen Sagen- und Mythenschatz, der eng mit der Sprache verbunden ist. Das Nationalepos, das Kalevala, zeugt von dieser Verbundenheit. Mittlerweile sind viele der ehemals mündlich überlieferten Geschichten und Lieder aufgeschrieben worden. Die modern finnische Literatur erfreut sich auch in Deutschland immer größerer Beliebtheit.

Quellen

Molan, Harald. Grammatikübungsbuch Finnisch. Buske, Hamburg 2014

Schellbach-Kopra, Ingrid. Finnisch. Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Wieser Verlag, Klagenfurt/Celovec 2002

Saterland – kleinste Sprachinsel in Europa

Die Friesen kennt man in Deutschland. Sie leben an der Nordseeküste und sprechen Friesisch. Doch nur wenige wissen, dass es eine kleine Gruppe von Friesen gibt, die nicht direkt an der Küste oder auf einer der friesischen Inseln leben, sondern etwa 100km landeinwärts im Saterland.

Das Saterland (saterfriesisch Seelterlound) ist eine kleine Region im Landkreis Cloppenburg, die eine Sprachinsel bildet. Die erste Besiedlung fand um das Jahr 1100 stand, wobei neue Forschung von einem früheren Zeitpunkt ausgeht. Die Menschen zogen von der Küste ins Landesinnere, weil die Lebensbedingungen dort besser erschienen. Die Gegend war aber von Mooren durchzogen und unwegsam. Das erleichterte nicht unbedingt das tägliche Leben, bot aber einen gewissen Schutz.

Die Menschen im Saterland und in den anderen friesischen Gebieten lebten vergleichsweise autonom, ein Recht von Karl dem Großen garantierte ihnen diese Autonomie weit bis zum Ende des Mittelalters. Diese Rechte, genannt ‚Friesische Freiheit‘, bedeutete, dass die Friesen nur dem Kaiser unterstanden. Das erklärt auch die gesellschaftlichen Entwicklungen dieses Volkes, das nicht in einem Feudalsystem lebte wie die meisten anderen. Die Friesen durften z.B. frei jagen, ihre Berufe selbst wählen und waren von den meisten Abgaben befreit, obwohl ihr Gebiet formal-rechtlich einem weltlichen Herrscher unterstand.

Die nach der Christianisierung erfolgte Besiedlung ging auch mit einer Zugehörigkeit zum Bischofssitz in Münster einher, was die Saterfriesen aber kaum in ihrer politischen Eigenständigkeit einschränkte. Diese Privilegien sind heute nicht mehr gültig, das Saterland machte mehrere Gebietsreformen durch und ist heute weitgehend erschlossen und nicht mehr isoliert wie früher.

Im Saterland hat sich die ostfriesische Sprache erhalten, auch wenn die Zahl der Sprecher*innen in den letzten Jahrzehnten bedrohlich abgenommen hat. Die schwer zugängliche Region bot ideale Bedingungen zur Bewahrung der Sprache. Die vor der Besiedlung der Friesen dort ansässige niederdeutschsprachige Bevölkerung wurde schnell sprachlich assimiliert. Heute gehört das Saterfriesische zu den am stärksten bedrohten Sprachen in Europa.

Aus dem späten Mittelalter ist noch eine Kirche des Johanniterordens erhalten, außerdem viele Gebäude aus dem 19. Jahrhundert. Als eine der wenigen Friesen sind die meisten Saterfriesen katholisch. Die Region ist für Sportbegeisterte ein Paradis, vor allem für Wassersport.

Das Wappen des Saterlandes zeigt einen goldenen Thronsessel auf rotem Grund mit Karl dem Großen, der Zepter und Reichapfel trägt. Neben ihm lehnt der Reichsadler auf einem Schild.

Quellen

https://www.saterland.de

Muske, Horst (Hrsg). Handbuch des Friesischen. Max Niemeyer Verlag, Tübingen 2001

Wo spricht man „gutes Deutsch“?

Seit ich als DaF-Lehrerin (Deutsch als Fremdsprache) Deutschkurse gebe, werde ich oft gefragt: Wo spricht man das beste Deutsch? Das erste Mal habe ich ganz automatisiert geantwortet: Natürlich in Hannover! Und bin damit dem allgemeinen Hochdeutschmythos voll auf dem Leim gegangen, denn reines Hochdeutsch gibt es in der gesprochenen Sprache nicht!

Doch was bedeutet „gutes Deutsch“? Diese Frage spaltet die Menschen. Während viele davon ausgehen, dass nur grammatisch korrektes, dialekt- und akzentfreies Deutsch akzeptabel wäre, gibt es die andere Gruppe, die das von einen ganz anderen Standpunkt aus betrachtet. Sprache, egal welche, dient der Kommunikation und ist im stetigen Wandel. Von überall ist eine Sprache Einflüssen ausgesetzt, entweder von anderen Sprachen oder den eigenen Dialekten. Jemanden mit einer „reinen“ Standardsprache zu finden, wird also eher schwierig, selbst in Hannover!

Die Nutzung einer Sprache hängt von vielen Faktoren ab, z.B. dem Alter, dem Wohnort, Freundeskreis, Hobbys usw. All diese Faktoren beeinflussen die Sprachnutzung eines Individuums und sorgen für Veränderung. Das kann die Aussprache, das Sprechtempo, den Wortschatz betreffen. Außerdem beherrschen Menschen oft unterschiedliche Register, d.h. sie sprechen je nach Situation anders. Das kann man auch bei sich selbst beobachten: Innerhalb der Familie spricht man anders als auf der Arbeit oder auf dem Amt. Wir alle passen uns an.

Hochdeutsch im allgemeinen Verständnis findet man eigentlich nur in den Medien, z.B. in Nachrichtensendungen, oder bei professionell ausgebildeten Sprecher*innen, deren Auftraggeber die Standardaussprache verlangen, z.B. für Hörbücher, Dokumentationsreihen etc. Wer diese Standardvarietät gerne selber beherrschen möchte, muss oft aus seiner sprachlichen Komfortzone raus und üben!

Auch in Deutschkursen und -prüfungen wird darauf geachtet, dass die Standardvarietät unterrichtet bzw. abgeprüft wird. Das bedeutet aber im Umkehrschluss nicht, dass nicht über Dialekte oder regionale Sprachbesonderheiten in den Kursen gesprochen werden kann. Schließlich müssen Deutschlernende, die in einer deutschsprachigen Region leben auch die regionalen Eigenheiten ihres Wohnortes kennen. Meine Kursteilnehmenden sind berichten oft von Phrasen oder Wörtern, die sie in Berlin gehört haben und nicht einordnen können. Auch diese Besonderheiten des Deutschen brauchen Raum in den Kursen, unabhängig davon ob sie zur Standardsprache gehören.

Neue Wörter sind für Sprecher*innen einer Sprache auch immer eine Lernaufgabe, besonders wenn sie Entlehnungen aus dem Englischen oder anderen Sprachen sind. Es braucht eine Weile, um ein Sprachgefühl für diese neuen Lexeme zu bekommen und sie richtig anzuwenden, falls erwünscht.

Jeder Mensch kann letztendlich für sich entscheiden, welche deutsche Varietät er sprechen möchte. Das Bewerten von Varietäten, egal ob ein Dialekt oder anderes Standarddeutsch wie z.B. aus Österreich, ist eine kurzsichtige und für das Zusammenleben unnötige Angewohnheit.

Marian Rejewski

Die Entschlüsselung der Enigma, der Chiffriermaschine der Deutschen, wird meist mit der Arbeit des britischen Mathematikers Alan Turing in Verbindung gebracht. Doch schon einige Jahre zuvor gelang einem Mann die grundlegende Entschlüsselung des Systems: Marian Adam Rejewski. 

Geboren wurde Marian Rejewski am 16. August 1905 in Bydgoszcz (damals Bromberg) im preußischen Teil Polens. Seine Eltern waren im Handel tätig und schickten ihren Sohn nach dem Abitur auf die Universität. Er studierte an Adam-Mickiewicz-Universität in Poznań (dt. Posen) und Georg-August- Universität in Göttingen Philosophie, belegte aber parallel Kurse in Mathematik, Statistik und Kryptologie. Nach dem Studium kehrte er nach Poznań zurück, weil er an der Universität eine Stelle angeboten bekam. Der polnische Staat wollte junge begabte Studenten, die deutsch sprachen, als Mitarbeiter des Chiffrenbüros zur Dekodierung im Militärdienst gewinnen. Rejewski passte daher perfekt in diese Abteilung.

In dieser noch jungen Abteilung ging es um die Entschlüsselung der deutschen Enigma 1, die zu diesem Zeitpunkt von den Deutschen zur Verschlüsselung der Funksprüche genutzt wurde und . Die Abteilung zog im Herbst 1932 nach Warschau um. Rejewski entwickelte dort eine kryptanalytische Maschine, genannt Bomba, mit der sich die Funksprüche mit einigen Stunden Versatz entschlüsseln ließen.

Nach Kriegsausbruch evakuierte die polnische Regierung alle Mitarbeiter des Chiffrenbüros über Rumänien nach Frankreich, wo sie ihre Arbeit wieder aufnahmen. Rejewskis Aufgabe bestand unter anderem darin, bei der Dechiffrierung der stetigen Weiterentwicklung der Enigma standzuhalten. Außerdem gab es auch andere Codes zu knacken, was ebenfalls in die Zuständigkeit Rejewskis und seiner Kollegen fiel.

Im Sommer 1942 gelangten die Kryptologen über Spanien und Portugal nach England, wo Rejewski dann als Leutnant diente. Die Arbeit des Polen wurde von den Briten nicht weiter unterstützt, was ein Grund für die mangelnde Bekanntheit Rejewskis ist.

Nach dem Krieg kehrte er nach Polen zurück. Dort fand er seine Familie wieder, die er 1939 zurücklassen musste. Er blieb, trotz guter Angebote aus Poznań und Szczecin, in Bydgoszcz und arbeitete bis 1950 in einer Fabrik. Danach wechselte er mehrmals die Stelle, bis er 1967 in Rente ging. In der Zeit nach seiner Rückkehr begann das Ministerium für Öffentliche Sicherheit ihn zu überwachen. Über seine Tätigkeiten vor und während des Krieges ließ er in der Öffentlichkeit kein Wort verlauten, was ihn vor weiteren Schikanen der Behörden bewahrte.

Seine Arbeit wurde erst Anfang der 1970er Jahre publik, was ihm verschiedene Ehrungen einbrachte. Nun konnte er über seine Geschichte schreiben und wurde regelmäßig interviewt. 1978 bekam er den Orden Polonia Restituta, der der zweithöchste zivile Orden in Polen ist.

Am 13. Februar 1980 erlag Rejewski einem Herzinfarkt und wurde auf dem Militärfriedhof in Warschau, seinem letzten Wohnort, beigesetzt. Seine Lebensgeschichte wurde mehrfach verfilmt, zahlreiche Gedenktafeln erinnern an sein Wirken. Wer sich heute mit Geheimsprachen beschäftigt, kommt an Marian Rejewski nicht vorbei.

Die Arbeit von Rejewski und seinen Kollegen hat entscheidend zur Verkürzung des Krieges beigetragen. Und trotzdem sind sie fast vergessen von der westlichen Welt, die vielleicht deshalb heute (noch) in Frieden lebt.

Quellen

Beutelsbacher, Albrecht. Geheimsprachen (= Becksche Reihe Wissen. Band 2071) C. H. Beck, München 2005

Brzeziński, Zbigniew.The Unknown Victors, J.S. Ciechanowski i inni red., Marian Rejewski, Living with the Enigma Secret, Bydgoszcz: Bydgoszcz City Council, 2005

Sprachkurs in Cottbus 2025

Zum Kompaktkurs der Schule für Niedersorbische Sprache und Kultur zu fahren, fühlt sich schon fast wie eine Tradition an. Auch wenn ich erst das zweite Mal teilgenommen habe …

Der Termin stand schon seit einem Jahr in meinem Kalender, unverrückbar und prominent. Ich hab mich frühzeitig um eine kleine Ferienwohnung gekümmert, was in Cottbus nicht so leicht ist wie man glaubt.

Ich wusste, anders als im letzten Jahr, was mich erwartet und so bin ich ziemlich entspannt am Montag zum Niedersorbischen Gymnasium spaziert und gleich am Eingangstor traf ich auf die ersten bekannten Gesichter. Die Begrüßung erfolgte traditionell auf Sorbisch, eine kurze Übersetzung am Schluss und dann gings ab in den Unterricht.

In diesem Jahr haben wir die Grenze von 100 Kursteilnehmenden geknackt! Ob es einfach eine Entwicklung der letzten Jahre oder die vielen negativen Schlagzeilen um den Status des Niedersorbischen waren, die die Anmeldungen so steigen ließen, kann ich nicht sagen. Der Kurs hat es aber noch am Montag in die News des RBB geschafft!

Die Gruppen sind oft sehr heterogen, auch wenn es eine grobe Einteilung gibt. Meine Gruppe war eine fortgeschrittene, aber unsere Kenntnisse waren sehr verschieden. Mir fehlen leider die Möglichkeiten zum Sprechen, daher liegen meine Stärken eher im schriftlichen Bereich. Bei anderen war die Grammatik das größte Problem, aber die Lehrkräfte kennen diese Situation. Der Unterricht holte alle Teilnehmenden ab und bot eine bunte Mischung.

Zu Beginn des Tages gab es immer eine Übung des freien Sprechens, quasi als Einstieg. Neben Grammatik und verstehendem Hören, was mir nicht so schwer fällt, waren die Situationen des Freien Sprechens für mich am wichtigsten. Mir fehlt oft der Wortschatz, um mich spontan gut ausdrücken zu können, so wie es bei normalen Gesprächen halt ist. Diese Lücke kann ein einwöchiger Kurs natürlich nicht füllen, das ist klar.

Ein wichtiger und neuer Baustein waren die Übungs- und Lernstrategien, die wir ausprobiert haben z.B. gemeinsam und synchron laut zu lesen. Das war etwas ungewohnt, hatte aber einen großen Effekt aus meine Aussprache, die ziemlich polnisch klingt. Aber daran werde ich arbeiten!

Am Nachmittag gab es kulturelle Veranstaltungen wie Lesungen und Vorträge, die freiwillig waren, aber immer gut besucht. Es bietet immer eine gute Möglichkeit sich besser kennenzulernen und zu vernetzten, was uns sehr wichtig ist.

Das Niedersorbische ist eine lebendige und wunderschöne Sprache! Das Interesse an dem Kompaktkurs zeigt wiedermal, dass die Menschen diese Sprache sprechen lernen und im Alltag nutzen möchten. Die Diskussionen, wer sich kompetenter Sprecher oder Sprecherin nennen darf, spielt hier absolut keine Rolle und ist den meisten auch nicht wichtig. Wir wollen uns nicht in ein theoretisches Konstrukt aus sprachlichen Kompetenzen zwängen lassen, die in der Lebensrealität kaum eine Rolle spielt!

Ich und viele andere werden nächstes Jahr wiederkommen und das Niedersorbische weiter in unser Leben zu lassen! Bis dahin: Na zasejwiźenje Chóśebuz!

Geschichte der Sprachwissenschaft

Seit Menschen Sprache nutzen, entwickelt  sich die Sprache stetig weiter. Doch seit wann machen sich Menschen Gedanken über Sprache und die Struktur von Sprachen? Das ist eine schwierige Frage, die sich wahrscheinlich nie ganz klären lässt. Doch wir können davon ausgehen, dass sich in Hochkulturen überall auf der Welt Menschen mit Sprachen beschäftig haben.

Die ältesten Schriftquellen, die wir kennen, stammen aus Indien. Dort haben sich Gelehrte lange vor unserer Zeitrechnung mit Grammatik und Etymologie beschäftigt und ihr Wissen niedergeschrieben. Leider ist dieses Wissen mit der Zeit in Vergessenheit geraten.

Aus europäischer Sicht beginnt die linguistische Wissenschaft erst im antiken Griechenland, wobei es ein Teil der Literaturwissenschaft darstellt, z.B. Morphemeinteilung  innerhalb der Metrik von Literaturwerken. Von Griechenland ausgehend verbreitet sich die Sprachwissenschaft ins Römische Reich, wobei auch hier noch nicht von der Sprachwissenschaft nach heutigem Verständnis gesprochen werden kann. Aber erste Grammatiken, die noch heute Bedeutung haben, entstanden im 4. und 5. Jahrhundert.

Im arabischen Raum entwickelte sich bis zum 8. Jahrhundert die Sprachwissenschaft zu einem angesehenen Fach, erste Arbeiten zu Phonologie und Grammatik entstanden. Diese Werke dienten nicht primär der Literaturwissenschaft als Ergänzung, sondern wurden als eigenständig betrachtet.

Im Mittelalter war die philosophische Betrachtung von Sprache, nach griechischen Vorbild, noch weit verbreitet. Eine Ausnahme stellten altisländische Grammatiken dar, die etwa 1150 verfasst wurden. Teilweise sind Ansätze moderner Theorien schon damals zu erkennen, unter anderem aus dem Strukturalismus.

Ab 17. Jahrhundert traten Sprachvergleiche, z.B. bei Sir William Jones, und die Suche nach dem Ursprung von Sprache in den Vordergrund. Die Reiselust vieler Forscher erweiterte den Blick auf die Sprachenvielfalt, auch wenn immer eine eurozentrische Interpretationsweise zur Bewertung der Fakten genutzt wurde. Ein typisches Beispiel ist die Forschung von Wilhelm von Humboldt (1767-1835), der zur damaligen Zeit als einer der Großen in der Spracherforschung galt. Die Beschäftigung mit alten Sprachen, außer Latein und Griechisch, wurde von vielen als produktives Feld angesehen und intensiv untersucht. In dieser Zeit wurde unter anderem die Stammbaumtheorie von Schleicher entwickelt. Zum Ende des 19. Jahrhunderts entstanden um die Leipziger Indogermanisten August Leskien, Karl Brugmann u.a. die Junggrammatiker, die Sprachen nach naturwissenschaftlichen Ansätzen untersuchten.

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts prägte der Schweizer Linguist Ferdinand de Saussure die Sprachwissenschaft und etablierte die Theorie des Strukturalismus. In dieser Zeit wurde die synchrone Betrachtung von Sprache immer wichtiger. In ganz Europa, v.a. in Prag und Genf, entwickelten Wissenschaftler Konzepte und Theorien, um das Phänomen ‚Sprache‘ zu beschreiben und zu erklären. Viele Namen z.B. Jakobson oder Trubetzkoy sind bis heute fester Bestandteil der Linguistik. Viele Forschungsarbeiten weiteten sich auf andere Bereiche wie der Anthropologie oder der Ethnografie aus, weil eine rein linguistische Betrachtungsweise nicht mehr ausreichte. Bekannte Vertreter dieser Interdisziplinarität sind Boas und Sapir aus den USA.

Der bekannteste Linguist des 20. Jahrhunderts ist unbestreitbar Noam Chomsky, der mit seiner Theorie der Generativen Grammatik berühmt wurde. Sie spaltete die Sprachwissenschaft bis heute. Die technischen Möglichkeiten bieten heute eine riesige Bandbreite an Untersuchungen aller Art. Die Sprachwissenschaft vereint zahlreiche Teildisziplinen z.B. die Sozio- oder Korpuslinguistik. Der globale Informationsfluss ermöglicht die Vernetzung von Forschenden weltweit und verändert unsere Sicht auf Sprache jeden Tag von Neuem.

Quellen

Brekle, Herbert Ernst. Einführung in die Geschichte der Sprachwissenschaft. Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1985

Bensen, Theodor. Geschichte der Sprachwissenschaft und orientalischen Philologie in Deutschland: Seit dem Anfange des 19. Jahrhunderts mit einem Rückblick auf die früheren Zeiten. Reprint 2019. De Gruyter

Walisische Sprachinsel in Argentinien

Südamerika ist durch die Kolonisation der Spanier und Portugiesen geprägt, doch auch andere Länder schickten ihre Siedler in dieses oft nur schwer zugängliche Land. Diese Siedlungen sind meist bis heute erhalten und bewahren ihre europäischen Traditionen und Sprachen. Eine Sprache, die man aber kaum erwartet, ist das Walisische in der Provinz Chubut im Süden Patagoniens.

Die Geschichte der walisischen Siedler ähnelt denen der anderen eher kleinen Gruppen an Auswandern wie den Sorben in Texas oder den Hunsrückern in Brasilien. In der Heimat gab es wenig Arbeit, Missernten und politische Probleme, die eine Auswanderung und die Aussicht auf ein Leben in Wohlstand und Freiheit verlockend erschienen ließen.

Die argentinische Regierung benötigte im 19. Jahrhundert Siedler für die Küstenregionen der Provinz Chubut. Die dort ansässige indigene Bevölkerung wurde immer mehr vertrieben oder bei Militäreinsätze ermordet. Europäische Siedler sollten diese Regionen neu besiedeln und urbar machen. Der Prediger Michael D. Jones, der von einem freien Wales ohne englischen Einfluss träumte, sah seine Chance. Er handelte große Landabschnitte und freie Ausübung von Sprache und Religion mit der argentinischen Regierung aus und begann in Wales für sein Projekt zu werben. Auch andere wie Lewis Jones schlossen sich der Idee an.

Dem Ruf der Regierung folgte eine Gruppe von gut 150 walisischen Siedler, vor allem Handwerker und Bergleute mit ihren Familien, die sich am 28. Juli 1865 auf die lange Reise an die Argentinische Küste machten. Leider waren kaum Menschen mit Landwirtschaftserfahrungen dabei, obwohl der Plan vor allem die Urbarmachung des neuen Landes war. Das führte zu Frustration der Siedler und erschwerte den Start ins neue Leben erheblich. Mit Hilfe der noch in der Region lebenden Indigenen überlebten die Siedler die ersten Jahre und lernten von ihnen wie sie die Felder bestellen sollen und was sie anpflanzen können. Trotzdem gab es immer wieder Gewaltausbrüche und Kämpfe, da die Siedler Teile des Land der Indigenen einfach zu eigen gemacht hatten.

Als die ersten Siedlungen (Gaiman, Dolavon, Trelew) wuchsen, machten sich einige Siedler auf die Suche nach anderen Orten im Westen des Landes , um weitere Dörfer z.B. Trevelin zu gründen. 1886 begann der Bau einer Eisenbahn, was die Anwerbung weiterer Menschen aus Wales nach sich zog, da auch die Ingenieure aus Wales bzw. England stammten.

Es gab nach kurzer Zeit schon einige kleinere walisische Zeitungen, die unabhängig vom Mutterland berichteten. Die Siedlungen waren sprachlich recht homogen, so dass das gesellschaftliche Leben auf walisisch stattfand. Es wurden unter anderem Kapellen und Windmühlen gebaut, von denen einige bis heute die Landschaft prägen.

Immer wieder ereilten die Siedlungen und kleinen Städte Rückschläge, meist durch Überschwemmungen. Auch die politischen Freizügigkeiten der Regierung endeten ab den 1890er Jahren, so wurden z.B. junge Männer zur Armee eingezogen. Außerdem gab es Streitigkeiten zwischen den alteingesessenen und neuen Siedlern. Viele Menschen entschieden sich deshalb weiter in die USA oder Kanada zu ziehen.

Walisisch wird in den Städten, die aus den Siedlungen entstanden sind, weiterhin gepflegt, allerdings nimmt die Zahl der Sprecher*innen ab. Die Beschulung in Spanisch und die Mischung der Bevölkerung trägt maßgeblich dazu bei. Heute gehen optimistische Schätzungen von bis zu 5.000 Sprecher*innen aus. Seit 1997 wird das Walisische wieder aktiv gefördert, in Zusammenarbeit mit Wales. Unteranderem gibt es Sprachkurse und Stipendien für ein Studium in Wales. Festivals und sportliche Veranstaltungen finden in walisischer Sprache statt und auch heute noch entschließen sich junge Waliser und Waliserinnen nach Patagonien zu reisen, um diesen Teil ihrer Geschichte kennenzulernen.

Quellen

Walter Ariel Brooks, ‚Welsh print culture in y Wladfa: The role of ethnic newspapers in Welsh Patagonia, 1868-1933‘. Cardiff University PhD thesis, 2012

https://www.wales.com/de/ueber-wales/willkommen-wales/wales-und-die-welt/die-geschichte-der-waliser-patagonia

Warum ein Slawistik-Studium kein Russisch-Studium bedeutet!

Studierende der Slawistik kennen diese Situation meist sehr gut: Wir erzählen z.B. bei einem Kennenlernen, dass wir Slawistik studieren. Sofort kommen Fragen wie: Ist Russisch schwer zu lernen? Willst du nach Russland auswandern?

Mittlerweile machen mir solche Situationen nichts mehr aus und ich erkläre was genau Slawistik eigentlich bedeutet. Je öfter ich es erkläre, desto dringender erscheint mir ein Artikel zu Aufklärung. Also los geht’s!

Im deutschsprachigen Raum gibt es viele Bezeichnungen für das Studium der Slawistik. Ich selber habe im Bachelor ‚Slawische Sprachen und Literaturen‘ im Hauptfach studiert, aber man findet auch Studienfächer wie ‚Slawische Philologie‘, ‚Osteuropastudien‘ oder auch spezielle Richtungen wie Bohemistik oder Polonistik usw. Die Bandbreite zeigt schon wie vielfältig das Fach sein kann. Die Ausrichtung kann, je nach Fach, sprach-, literatur- oder kulturwissenschaftlich sein. Außerdem ist eine Kombination mit einem Zweitfach wie Politik-, Kulturwissenschaft oder Linguistik eine gute Basis für den späteren Beruf.

Das Studium ist immer interdisziplinär, umfasst also mehr als Sprach- oder Literaturkurse. Je nach Angebot der Universitäten wählt man meist ein oder zwei slawische Sprachen, die neben den Fachwissenschaften absolviert werden. Da viele Institute sehr klein sind, werden meist eine große Slawine (d.h. slawische Sprache) wie Russisch oder Polnisch angeboten. Die kleineren Sprachen wie Slowakisch oder Slowenisch sind selten vertreten.

Dies bedeutete in der Geschichte der Slawistik eine Dominanz zugunsten einer Sprache, was aus mehreren Gründen Russisch war: Russland ist einer der größten Handelspartner Deutschlands und in jedem Bundesland wird Russisch als Fremdsprache angeboten. Dementsprechend ist die Ausbildung der Lehrkräfte, besonders im Gebiet der ehemaligen DDR, immer noch eine zentrale Aufgabe der Slawistikinstitute.  

Aber schon traditionell waren andere Bereiche wie die Polonistik, Bohemistik oder Südslawistik ein fester Bestandteil des Lehrangebotes. Je nach Standort der Universität ändert sich der Schwerpunkt innerhalb der Slawistik. In Österreich ist beispielsweise der Bereich der Südslawistik viel stärker ausgebaut als in Deutschland. Der Abschluss im slawistischen Bereich eröffnet eine breite Palette an Berufsaussichten, je nach Interesse und Schwerpunkt z.B. in der Verlagsbranche, im diplomatischen Dienst oder im Kulturbereich.

Was von vielen Studierenden schon seit langem in den Universitäten kritisiert wird, ist der starke Fokus auf die Russistik, also ein Schwerpunkt auf die russische Sprache, Kultur und Literatur. Das ist einerseits historisch begründet, aber auch durch die höheren Studierendenzahlen in Fächern wie Russisch/Lehramt oder Russische Philologie begründet. Nicht erst seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine gehen diese Zahlen kontinuierlich runter, so dass sich vielerorts die Frage nach der  Wirtschaftlichkeit der Slawistikstudiengänge stellt. Doch das Interesse an den kleinen Slawinen wächst. In großen Instituten können die Studierenden ihren Schwerpunkt selbst bestimmen und wählen immer mehr nach persönlichen Interessen statt nach Größe der Sprache aus.

Diese Interessen sind ein Ergebnis der deutschen Geschichte. Vor allem nach der Wende lernten viele Menschen die Länder jenseits der Oder und Elbe erst richtig kennen. Auch mit der EU-Osterweiterung und dem dadurch verbesserten Austausch zwischen den Universitäten entstanden viele Möglichkeiten für Studierende und Forschende. Mittlerweile ist ein Auslandsjahr in Polen oder Kroatien nicht mehr die exotische Ausnahme, sondern ein fester Bestandteil eines Studiums. Die gängigen Vorurteile über Menschen aus dem Osten oder Südosten Europas können mit dem Studium und dem Austausch in produktive Zusammenarbeit verändert werden, von denen alle profitieren.

Das politische Klima kommt natürlich auch in der akademischen Welt an und beeinflusst die Lern- und Arbeitsatmosphäre. Die Kompetenz, zwischen Wissenschaft und politischen Streitigkeiten zu unterscheiden, ist eins der wichtigsten Dinge, die man zu Beginn des Slawistikstudiums lernt.

Ein Slawistikstudium kann, muss aber kein Studium mit Russistikschwerpunkt sein. Die Wahl liegt bei dir und deinen Interessen. Die Welt der Slawistik ist groß und vielfältig!

Quellen

https://www.slawistik.hu-berlin.de/dehttps://

www.hochschulkompass.de/sprach-und-kulturwissenschaften/slawistik.html

Kikimora

Im slawischen und auch finno-ugrischen Kulturraum haben sich trotz der Christianisierung viele alte Gottheiten erhalten, auch wenn sich die Namen oder Eigenschaften dieser Figuren verändert haben. Eins dieser überall verbreiteten Wesen ist die Kikimora, eine verschieden interpretierte Gestalt.

Der Ursprung der Kikimora liegt eventuell in der slawischen Göttin Mokosch, die als eine der wenigen weiblichen Gottheiten der Slawen bekannt ist. Im Laufe der Zeit wurden die heidnischen Götter durch das Christentum verdrängt bzw. verloren ihre (meist) positive Zuschreibung. Im Christentum war kein Patz für mehr als einen Gott, schon gar keine Göttin. So wurde aus der Göttin für Fruchtbarkeit und Weiblichkeit ein Poltergeist. Ein andere Herleitung der Kikimora beschreibt sie als Seele eines Menschen, der nachts umherstreift und Albträume verursacht. In einigen Regionen wird die Kikimora auch als Sumpf- oder Waldgeist beschrieben. Beide Orte hatten bei den Slawen eine wichtige Bedeutung.

Eine etwas andere Vorstellung der Kikimora, ist die eines Hausgeistes. Ähnlich wie viele andere Wesen soll die Kikimora in den Häusern der Menschen leben und ihnen manchmal sogar helfen z.B. beim Füttern der Hühner oder bei der Haushaltsarbeit. Sie legt dann Wert auf Ordnung und bestraft unordentliche Menschen in dem Sie nachts durch das Haus streift, Albträume bringt und Unordnung machet. Ihr Erscheinen wird oft auch als Todesomen für einen der Hausbewohner gedeutet.

Ob die Kikimora mit der Figur der Mora/Marzanna/ Morena gleichzusetzen ist, wie von manchen behauptet, ist umstritten.

Sie wird meist als alte Frau dargestellt, selten als Mädchen. Ihre Gestalt ist zwar einem Menschen ähnlich, weist aber auch animalische Züge auf z.B. ihre hühnerähnlichen Füße oder die Schnauze eines Hundes. Ihre Kleidung ist alt und zerfetzt, manchmal mit Moos oder Pflanzen besetzt, wenn sie eher als Wald- oder Sumpfwesen gelesen wird. Seltener wird die Kikimora als unsichtbar beschrieben, was aber gut zur Vorstellung eines Poltergeistes passt. Auf dem bekannten Bild von Ivan Bilibin (oben) sieht man einen Prototypen der Kikimora.

Quellen

Gieysztor, Aleksander. Mitologia Słowian, 3. Aufl., WUW, Warschau 2006

Váňa, Zdeněk. Mythologie und Götterwelt der slawischen Völker. Die geistigen Impulse Ost-Europas, Urachhaus, Stuttgart 1992

Die Färöische Sprache

Neben den großen Sprachen wie Deutsch oder Schwedisch weist die germanische Sprachfamilie auch sehr kleine Sprachen auf. Die kleinste, noch lebende germanische Sprache ist das Färöische.

Wie der Name schon nahelegt, wird Färöisch auf den Färöer-Inseln gesprochen. Jedoch leben auch viele Sprecher*innen in Dänemark und vereinzelt auch weltweit. Daher ist es schwierig eine genaue Zahl der Sprecher*innen zu bestimmen. Schätzungen gehen von 60.000 -100.000 Sprecher*innen aus.

Sprachtypologisch gehört Färöisch dem nordgermanischen Zweig an, zu dem unter anderem auch Isländisch und Norwegisch gehören. Obwohl die Sprache weniger Sprecher*innen hat als manch bedrohte Sprache, z.B. Jiddisch oder Baskisch, ist sie sehr vital und genießt durch die geografische Abgrenzung ihres Sprachgebietes und den Status einer Amtssprache ein hohes Prestige.

Das Färöische stammt sprachgeschichtlich von Altnordischen ab und machte im Laufe der Zeit viele Lautentwicklungen durch z.B. die Entwicklung der Langvokalen und Diphthongen, wobei hier dialektal Unterschiede bestehen. Die Schrift basiert auf dem lateinischen Alphabet, ergänzt durch ein paar spezifische Buchstaben wie <Æ, æ> oder <Ð, ð >. Die Formen des Altnordischen haben sich im Färöischen mehr erhalten als in anderen Sprachen z.B. im Genussystem. Das Kasussystem ähnelt dem Deutschen, der Genitiv ist ebenfalls auf dem Rückzug. Bei der Artikelnutzung setzt die Sprache sogar noch einen drauf und zeigt in manchen Fällen eine doppelte Artikelform. Wie im Deutschen unterschiedet man zwischen starker und schwacher Adjektivflexion.

Sprecher*innen des Färöischen können oft sehr gut Dänisch und verstehen dadurch auch andere skandinavische Sprachen, sind aber sehr stolz auf ihre eigene Sprache. Auf den Färöer-Inseln wird die frühere dänischsprachige Dominanz zugunsten des Färöischen immer weiter abgebaut, obwohl der Dänischunterricht noch einen hohen Stellenwert besitzt. In der Öffentlichkeit sieht man neben färöischen Beschriftungen immer mehr aus Englisch, was unter anderem für die Touristen hilfreich ist.

Offiziell gibt es heute keine Standardsprache, aber drei große Dialektgebiete: den Nordinseldialekt, den Tórshavner Dialekt und den Südinseldialekt. Aufgrund der höchsten Sprecherzahl wird der Tórshavner Dialekt oft als inoffizieller Standard gesehen, der auch in der Hauptstadt Tórshavn gesprochen wird. Die früheren Versuche einer Standardisierung stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert.

Das älteste Dokument auf Färöisch stammt auch dem späten 13. Jahrhundert und zeigt Unterschiede zu den anderen skandinavischen Sprachen der Zeit. Der starke Einfluss des Dänischen und Norwegischen auf die Sprache ist politisch bedingt, wobei es heute im Verhältnis zur Bevölkerung viel Literatur aus Färöisch gibt. Neben traditionellen Liedern und Geschichten gibt es auch viel neuere Literatur.

Außerhalb des Landes ist es nur schwer möglich Färöisch zu lernen. Kinder aus färöischen Familien, die in Dänemark leben, haben keine Möglichkeit ihre Erstsprache im schulischen Kontext zu erwerben. Die Färöer-Inseln bieten als einzige ein Studium der Sprache an. Kurse für Interessierte findet man im deutschsprachigen Raum nur schwer. Da bietet sich eine Reise zu einem Sommerkurs auf die Färöer-Inseln an!

Quellen

Schäfer, Michael & Schäfke, Werner. Sprachwissenschaft für Skandinavisten: Eine Einführung. Narr Francke Attempto, Tübingen 2014

Gebel, Christian. Die Färöer – Geschichte und Sprachgeschichte, Schriftenreihe des Deutsch-Färöischen Freundeskreises – Heft 1, Düsseldorf 1988