Roman Jakobson

Egal ob Literatur- oder Sprachwissenschaft, niemand kommt in diesen Bereichen an Roman Jakobson vorbei. Er gilt als einer der bekanntesten Linguisten.

Roman Ossipowitsch Jakobson wurde am 23. Oktober 1896  als Sohn einer wohlhabenden jüdischen Familie geboren und wuchs mit zwei Brüdern in Moskau auf. Dort studierte er Slawistik und schloss sich dem literaturtheorischen Kreis der russischen Formalisten an, der sich ab 1915 bildete. In der Zeit seines Studiums beschäftigte Jakobson sich auch mit neuen Medien wie dem Film und der Strömung des Futurismus. 1918 erwarb er seinen Magister und arbeitete danach zwei Jahre als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Moskauer Universität.

Ab 1920 lebte und arbeitete er in Prag, im diplomatischen Dienst. In den folgenden Jahren pflegte er eine enge Verbindung zu Nikolai Trubetzkoy, der in Wien lebte. 1926 gründete Jakobson mit anderen zusammen den Linguistischen Kreis in Prag und wirkte bis 1939 als ihr Vizepräsident. Zusätzlich lehrte er seit 1933 als Professor in Brünn, musste aber vor den Deutschen fliehen, die 1939 in die Tschechoslowakei einmarschierten. Sein Weg führte über Dänemark und Norwegen nach Schweden, wo er jeweils kleine Gastprofessuren übernahm. Ab 1942 lebte und lehrte er in New York und Harvard als Professor für Linguistik, Slawistik und Bohemistik. Bis 1967 wirkte er als Dozent, ging dann in den Ruhestand, forschte und schrieb jedoch weiter.

Seine frühen Forschungen im Bereich des Strukturalismus erarbeite er zusammen mit Trubetzkoy, der bereits 1938 starb. Sie interessierten sich vor allem für den Bereich der Phonologie und beschrieben die Grundlagen phonologischer Gesetzmäßigkeiten. Aus dieser Forschung entwickelte Jakobson seine Theorien im Bereich des kindlichen Spracherwerbs und der Sprachpathologien z.B. bei Aphasie. Noch heute gelten viele seiner Erkenntnisse und Theorien als aktuell. Ein für Sprachwissenschaftler*innen wichtiger Aspekt von Jakobsons Arbeit ist die Weiterentwicklung des Kommunikationsmodells, beruhend auf dem Modell von Bühler, dass er nicht direkt neu erschafft, sondern weiterentwickelt hat. Die Erkenntnisse seiner phonologischen Forschung legte den Grundstein für unser heutiges Verständnis wie Sprache funktioniert.

Dabei zeigt sich, dass es keine scharfe Trennung zwischen Sprache, Literatur oder Poesie gibt. Sie bedingen einander und sollten deshalb auch nicht isoliert betrachtet werden. Ein Schlagwort ist z.B. die ‚poetische Funktion der Sprache‘ oder ‚Poetizität‘, was Literaturliebhabern bekannt vorkommen dürfte. Die Verknüpfung der Sprachwissenschaft mit Literatur und Kunst, die er in Schriften und in der Lehre aufzeigt, verweisen auf Jakobsons großes interdisziplinäres Wissen.

Er schreibt und publiziert in verschiedenen Sprachen, zu ganz unterschiedlichen Themen, aber immer interdisziplinär gesehen, so dass viele Fachrichtungen unter seinem Namen vereint arbeiten können. Das ist ein wichtiger Schritt, denn zu oft noch schauen wir als Menschen ungern über unseren Tellerrand oder bewerten andere Fachgebiete schlechter oder als weniger wertvoll als unser eigenes.

Als Roman Jakobson am 18. Juli 1982 in Boston starb, hinterließ er der Welt eine Unmenge an Wissen, festgehalten in seinen zahlreichen Veröffentlichungen. Und noch heute werden seine Theorien gelehrt und haben nichts an ihrer Allgemeingültigkeit verloren.

Quellen

Birus, Hendrik. Roman Jakobson. In: Matías Martínez, Michael Scheffel (Hrsg.): Klassiker der modernen Literaturtheorie. Von Sigmund Freud bis Judith Butler (= Beck’sche Reihe. 1822). Beck, München 2010

Jakobson, Roman. Linguistik und Poetik, in: Jens Ihwe (Hg.): Literaturwissenschaft und Linguistik. Ergebnisse und Perspektiven, Frankfurt/M. 1971

Bildquelle:

Von Philweb Bibliographical Archive – http://www.phillwebb.net/history/Twentieth/Continental/(Post)Structuralisms/Structuralism/Jakobson/Jakobson3.jpg, CC BY 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=16924084

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