Tschechisch – ein Spielball der Geschichte

Tschechisch gehört zu den westslawischen Sprachen, die wiederum der Familie der indoeuropäischen Sprachfamilie angehört.

Die ersten alttschechischen schriftlichen Quellen stammen aus dem 12. Jahrhundert, deren Ursprung die kirchenslawische Sprache von Kyrill und Method war. Diese Quellen sind vor allem religiöse Texte, Lieder, Gebete usw.  Ebenfalls im 12. Jahrhundert hat man in einigen lateinischen Texten tschechische Glossen gefunden.

Ab dem 14. Jahrhundert kam die höfische Dichtung in tschechischer Sprache auf, außerdem entstanden u.a. Bibelübersetzungen und Literaturdenkmäler wie die alttschechische Alexandreis (ein mittelalterliches tschechisches Ritterepos). Für die tschechische Schriftsprache war es besonders wichtig, dass Texte von Gelehrten nicht nur in lateinischer Sprache geschrieben wurden, da Latein als Gelehrtensprache unangefochten war.

Mit der Gründung der Prager Universität (7. April 1348) rückte die tschechische Sprache mehr in den Fokus, obwohl die Universitätssprache noch sehr lange das Lateinische blieb.

Jan Hus, der als Vater der tschechischen Schriftsprache gilt, führte im 14. Jahrhundert weitreichende Sprachreformen durch, die bis heute Bestand haben. Auf sein Bestreben hin gibt es im Tschechischen die zwei diakritischen Zeichen háček (Häkchen) und čárka (Akut). Es sind die Bemühungen die Laute der tschechischen Sprache in lateinischer Schrift wiederzugeben, um Verwechslungen auszuschließen.

Etwa zwei Jahrhunderte (15. und 16. Jhd.) lang konnte sich die tschechische Sprache entfalten, wurde sogar als Verwaltungssprache, neben Deutsch, verwendet. Doch dann entbrannte in Mitteleuropa der 30jährige Krieg, der auch Böhmen und Mähren erfasste. Die Schlacht am Weißen Berg (1620) zwang die böhmische und meist protestantische Aristokratie nicht nur zu Emigration, sondern setzte auch dem Erblühen der tschechischen Sprache ein jähes Ende.

Neben Latein erstarkte Deutsch als Schul- und Universitätssprache in Böhmen und Mähren, Tschechisch wurde vor allem vom Volk gesprochen. Das Tschechische schien langsam zu verschwinden.

Ab dem Ende des 18.Jahrhundert bemühten sich viele Gelehrte, die bekanntesten sind Josef Dobrovský (1753 – 1829) und Josef Jungmann (1773 – 1847), um eine Revitalisierung des Tschechischen. Es wurde wieder mehr auf Tschechisch geschrieben, nicht nur Prosa und Lyrik, sondern auch wissenschaftliche Texte. Außerdem erschienen Wörterbücher, Grammatiken und Wortschatzsammlungen.  Besonders reich am literarischen Schätzen ist die Zeit der Romantik, des Realismus und des Naturalismus. Einige bekannte Vertreter tschechischer Literatur sind Karel Hynek Mácha (1810–1836), Karel Jaromír Erben (1811 – 1870) und Božena Němcová (1820 – 1862).

1880 erreichte die Tschechen endlich die Einführung des Tschechischen als offizielle Amtssprache in Böhmen und Mähren. Die Weiterentwicklung der Industrie und der Bedarf an Arbeitskräften ließ das Tschechische weiterwachsen, da die Bevölkerung wieder mehrheitlich tschechisch sprach.

Nach 1918 war Tschechisch die Staatssprache der jungen Tschechoslowakischen Republik, neben Slowakisch im slowakischen Teil.

Im Laufe der Jahrhunderte haben sich im Tschechischen deutliche Veränderungen zu den slawischen Nachbarsprachen entwickelt. Beispiele sind die verschwundenen altslawischen vorhandenen Nasallaute (im Polnischen vorhanden), die Verschiebung des Wortakzentes auf die erste Silbe (entgegen der vorletzten im Polnischen oder des freien Akzents im Russischen) und die Unterscheidung zwischen langen und kurzen Vokalen.

Die wechselhafte (Sprach-) Geschichte Tschechiens lässt einen reichen Entlehnungswortschatz erkennen, der unterschiedlich stark aus dem Deutschen, Russischen und anderen Sprachen stammt. Mitunter bemühten sich Sprachpuristen um die Erschaffung tschechischer Begriffe für solche Entlehnungen.

Heute sprechen etwa 11 Millionen Menschen Tschechisch als Muttersprache. Außerdem ist Tschechisch eine der Amtssprachen der Europäischen Union.

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