Die deutsche Kurrentschrift

Eine gut geführte Verwaltung in einem Staat oder Sprachgebiet setzt eine einheitliche Schreibung für alle Arten von Dokumente voraus. So erstaunt es kaum, dass sich zu Beginn der Neuzeit eine einheitliche Schrift in gesamten deutschsprachigen Raum ausbreitete: die Kurrentschrift.

Die deutsche Kurrentschrift entwickelte sich aus einer Kanzleischrift aus der Gruppe der gotischen Schriften. Ihr Name ist vom lateinischen ‚currere‘ – ‚laufen‘ abgeleitet, was sich auf die Schriftform bezieht. Deshalb nennt man sie auch oft Laufschrift. Zur Entstehungszeit wurde allgemein mit Federkielen, später mit Metallfedern geschrieben, was das unterschiedliche Aussehen der Schrift im Zeitverlauf erklärt.

Ab dem 16. Jahrhundert verbreitete sich die Kurrentschrift als allgemeine Verkehrsschrift und wurde auch in Schulen unterrichtet. Besonders Preußen mit seinem immer größer werdenden Verwaltungsapparat brauchte viele Menschen, die sicher lesen und schreiben konnten.

Es existierten zur gleichen Zeit auch andere (Hand-)Schriften, die aber kaum außerhalb des privaten Gebrauchs Beachtung fanden. Außer im deutschsprachigen Raum verbreitete sich die Kurrentschrift auch nach Skandinavien und Böhmen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Kurrentschrift von der Sütterlinschrift verdrängt, die von Ludwig Sütterlin entwickelt wurde und als leichter zu schreiben und zu lesen galt. Komplett aus den deutschen Schulen und der Verwaltung verschwand die Kurrentschrift Anfang der 1940er Jahre durch die Einführung einer Abwandlung der lateinischen Schrift durch die Nationalsozialisten. Im Süden des deutschsprachigen Raumes, v.a. in Österreich, hielt sich die Kurrentschrift bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts.

Die Kurrentschrift gehört zu den gebrochenen Schriften, was sich auf die Richtungswechsel beim Schreiben bezieht. Sie ist weniger rund als bspw. die lateinische Schrift. Durch die Richtungswechsel bei der Kurrentschrift entstehen im Schriftbild spitze Winkel und unterschiedliche Strichstärken, die einen starken optischen Kontrast erzeugen.

Die Form der Buchstaben ist rechtschräg und zeigt viele Schleifen zur Unterscheidung der einzelnen Buchstaben, die sich mitunter sehr ähneln. Die Schreibrichtung eignet sich besonders für Rechtshänder. Linkshändigkeit kommt zwar bei bis zu 15% der Menschen vor, wurde aber bis zum Ende des 20. Jahrhunderts in der Schule nicht geduldet.

Für die Menschen von heute ist die Kurrentschrift ohne einen Kurs bzw. eine intensive Beschäftigung mit der Schrift kaum noch lesbar. Dennoch lernen viele diese Schrift zumindest lesen, denn die Arbeit z.B. in Archiven ist ohne Kenntnisse der Kurrentschrift nicht möglich. Universitäten und viele Vereine bieten Interessierten Kurse für Kurrentschrift an. Für Selbstlerner gibt es auf dem einige Lehrwerke, die auch zahlreiche historische Schriftproben enthalten.

Quellen

Beck, Friedrich. Die „deutsche Schrift“ – Medium in fünf Jahrhunderten deutscher Geschichte. In: AfD 37, 1991

Süß, Harald. Deutsche Schreibschrift. Lesen und Schreiben lernen. Droemer Knaur, 2002

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