Rusinisch

Das Rusinische und seine Dialekte reichen weit in die Geschichte zurück. Die politischen Gegebenheiten und die Beeinflussung durch die umliegenden Kontaktsprachen prägten die Entwicklung der Dialekte.

Je nach Literatur wird Rusinisch entweder als Ruthenisch, als ukrainischer Dialekt oder als eigene Sprache innerhalb der ostslawischen Sprachfamilie bezeichnet. Wir gehen in diesem Artikel von der Definition von Marc Stegherr aus, der Rusinisch als Oberbegriff für eine ganze Dialektgruppe verwendet, gesprochen in den Karpaten (Karpato-Rusinisch), in Polens Südosten (Lemkisch), im Nordosten der Slowakei und in den angrenzenden Gebieten der Ukraine, im Norden Ungarns und Rumäniens und einer zweiten Dialektgruppe in Serbien und Kroatien (Vojvodina-Rusinisch). An dieser Aufzählung erkennt man, dass das rusinische Sprachgebiet zwar zusammenhing, aber durch verschiedenen Territorialstaaten politisch keine Einheit bildete. Die Entstehung der Dialekte wurde dadurch begünstigt.

Die Zahl aller heutigen Sprecher:innen lässt sich nicht genau sagen. Die Anerkennung als ethnische Minderheit und der damit verbundene Schutz der Sprache, ist nicht in allen obengenannten Ländern gegeben. Vorsichtige Schätzungen gehen von insgesamt 1,5 Millionen Sprecher:innen aus, wobei in dieser Schätzung auch emigrierte Sprecher:innen miteinbezogen sind.

In Serbien besitzt Rusinisch den Status als Amtssprache (in der Provinz Vojvodina), in Polen und der Slowakei Minderheitensprachenstatus und in der Ukraine den Status einer Regionalsprache. Die Versuche Rusinisch zu kodifizieren, brachten der Sprache den Namen der „jüngsten slawischen Standardsprache“ ein. Je nach Land gelten eventuell andere sprachliche Regeln.

Die Stärkung der rusinischen Sprache nach 1989 in Form von neuen Lehrbüchern, Vereinheitlichung der Orthographie oder dem Verfassen von Grammatikwerken usw. hat ein neues Bewusstsein geschaffen, das das Interesse an rusinischen Publikationen förderte. In den rusinischsprachigen Regionen entstanden Zeitungen und immer mehr Publikationsanteile in Verlagen.

Geschrieben in kyrillischer Schrift, mit graphematischen Besonderheiten je nach Region, verfügt das Rusinische über sieben Kasus und drei Genera, typisch für ostslawische Sprachen. Die Deklinationsendungen der Dialekte weichen oft voneinander ab bzw. man erkennt den Einfluss der Kontaktsprachen. Alle Varianten in den Dialekten aufzulisten, würde den Rahmen sprengen. Wer aber Lust hat sich da genauer einzuarbeiten, dem empfehle ich den Artikel von Marc Stegherr, der in den Quellen aufgeführt ist. Man kann aber zusammenfassend sagen, dass das Rusinische als slawische Sprache die meisten typisch slawischen Eigenschaften wie z.B. die Aspektkategorie aufweist. Die Verben entwickelten durch die Nähe zu entweder westslawischen oder ostslawischen Kontaktsprachen analytische als auch synthetische Formen z.B. beim Futur oder Perfekt. Diese Mischung aus west- und ostslawischen Merkmalen machen eine genaue Einteilung des Rusinischen schwierig.

Der Wortschatz ist vor allem durch die Nachbarschaft zu anderen Sprachen reich an „fremden“ Elementen. Dazu zählen, immer ortsabhängig, viele Germanismen und Magyarismen z.B. ungarisch város‘ →‘варош‘ – ‚Stadt‘ oder deutsch ‚Dreschflegel‘ → ‚таршка‘. Auch serbische und kroatische Entlehnungen finden sich z.B. ‚кафана‘- ‚Wirtshaus‘.  Doch vor allem der serbische und kroatische Einfluss zeigt sich auch in Morphologie und Syntax, beispielsweise in der Verbpräfigierung oder die Verwendung von Kopulakonstruktionen. Der heutige englischsprachige Einfluss ist wie bei anderen Sprachen ein modernes Phänomen.

Die Möglichkeit Kinder und Jugendliche in rusinischer Sprache zu unterrichten, entspricht einer modernen Sichtweise auf kleinen Sprachen, die neben der Sprache selbst auch Kulturschätze mitbringen und für Vielfalt in den jeweiligen Ländern sorgen.

Quellen

Duličenko, Aleksandr D. Das Russinische. In: Einführung in die slavischen Sprachen. Hrsg. Peter Rehder. Darmstadt 1998.

Stegherr, Marc. Rusinisch In: Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Hrsg. Miloš Okuka. Klagenfurt 2008

Sprachenkarte: Slawische Sprachen. In: eeo.uni-klu.ac.at, abgerufen am 4. Mai 2019

Bildquelle

Von YoungstownToast – Eigenes Werk, based on: https://web.archive.org/web/20210417180902/http://rusynacademy.sk/english/en-academy5.html, CC BY-SA 4.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=114547702

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