Kaschubisch – mehr als ein polnischer Dialekt!

Die Kaschubei, die die Städte Danzig (poln. Gdańsk), Gdingen (poln. Gdynia) und die westlichen und südwestlichen Gebiete davon umfasst, beheimatet eine kleine, aber interessante Regionalsprache: Das Kaschubische (kaszëbsczi jãzëk).

Die erste Erwähnung der Region und der Sprache stammt aus einer Urkunde von 1238, die eng mit den pommerschen Herzögen in Verbindung steht. Erste Schriften in kaschubischer Sprache sind aus dem 15. Jahrhundert, die Vereinheitlichung der kaschubischen Sprache ist aber bis heute nicht vollständig vollzogen. Es gibt einige kaschubische Dialekte und Mundarten.

Das Siedlungsgebiet der Kaschuben, sie sind Nachfahren der östlich lebenden Pomoranen, ersteckte sich westwärts bis nach Köslin (poln. Koszalin), Belgard (poln. Białogard) und Kolberg (poln. Kołobrzeg). Genau Angaben sind schwierig, da wenig schriftlich belegt ist.

Die bewegte Geschichte der Region, vor allem durch den Wirkungskreis Preußens, lässt einen starken Einfluss des Deutschen auf das Kaschubische erkennen. Die Kaschuben hatten oft keine andere Möglichkeit als sich anzupassen oder auszuwandern, was ihre Zahl und ihr Siedlungsgebiet stark dezimierte.

Nach dem ersten Weltkrieg lag der größte Teil des kaschubisch-sprachigen Gebietes im neu-gegründeten Polen. Doch in Polen herrscht Misstrauen gegenüber den Kaschuben, man sprach ihnen deutschgesinnte Ansichten zu. Das führte dazu, dass das Ansehen der kaschubischen Sprache stark abnahm. Im polnischen Verständnis galt Kaschubisch eher als Dialekt des Polnischen, die Schwierigkeiten der kaum vorhandenen Verschriftlichungen verstärkten diese Tendenz.

Man geht davon aus, dass etwa 300.000 Menschen in der Kaschubei Kaschubisch verstehen, etwa 110.000 sprechen es im Alltag. Die größte Gruppe Kaschubisch Sprechender gibt es in Kanada, insgesamt etwa 20.000 Menschen. Durch die geringe Sprecherzahl ist das Kaschubische im Atlas der gefährdeten Sprachen der UNESCO als gefährdete Sprache klassifiziert. In der Region gibt es seit Jahren verstärkte Bemühungen zum Schutz und Förderung der Sprache. Die Anerkennung als Regionalsprache hat ihren Teil, auf politischer Ebene, dazu beigetragen.

Kaschubisch gehört zu den westslawischen Sprachen und wird innerhalb dieser Gruppe zur den lechischen Sprachen gezählt, zu denen auch Polnisch und einige bereits ausgestorbene Sprachen, wie Polabisch und Slowinzisch, gehören. Einige Forscher sehen Kaschubisch als Bindeglied zwischen dem Polabischen und Polnischen.

Es stellt sich als schwierig heraus die kaschubische Sprache zu standardisieren, da sie über zahlreiche Varianten verfügt. Die wenigen Schriftsteller und Schriftstellerinnen, die in kaschubischer Sprache schreiben bzw. schrieben, tun bzw. taten das in ihrem jeweiligen Dialekt. Der bekannteste unter ihnen ist Florian Stanislaw Ceynowa (1817-1881).

„Sprecht lieber reines Kaschubisch als verdorbenes Polnisch!“ (Ceynowa)

Seit 1990 gibt es einen Versuch eine einheitliche Orthografie durchzusetzen. Die Zeit wird zeigen, ob es erfolgreich sein wird.

Das wachsende Interesse am Kaschubischen beschränkt sich momentan auf Polen. Es ist mittlerweile möglich Kaschubisch (im Sprachgebiet) in Schulen zu erlernen und, seit 2005, das Abitur in kaschubischer Sprache abzulegen.

Schaut man sich die kaschubische Sprache an, sieht man die Verwandtschaft zum Polnischen auf den ersten Blick. Vor allem der Wortschatz überschneidet sich großflächig und auch die Grammatik des kaschubischen hat sich im Laufe der Zeit der polnischen angepasst.

Neben den vielen Gemeinsamkeiten mit dem Polnischen, gibt es eine Menge von Merkmalen, die sich unterscheiden. Einige sollen beispielhaft folgen, die Liste ist keinesfalls vollständig!

Der für deutsche und polnische Augen ungewöhnliche Buchstabe ë, fällt sofort ins Auge. Es ist ein, dem Deutschen bekanntes, zentrales Schwa [ə], dass aber je nach Dialekt unterschiedlich gesprochen werden kann und bedeutungsunterscheidend ist (Bsp: rëk ‚Gebrüll‘ – rek ‚Krebs‘).

Anders als Polnisch besitzt das Kaschubische einen Initialakzent (im Süden) oder einen freien Akzent (im Norden und in der Mitte).

Außerdem wurde die im Polnischen typische Palatalisierung vieler Konsonanten aufgehoben (=Entpalatalisierung).

Auch morphologische Unterschiede gibt es zu Genüge, sie hier zu beschreiben würde ausufern!

Interessant ist der doch erstaunlich hohe Lehnwortschatz aus dem Deutschen, vor allem aus dem Niederdeutschen. Natürlich kamen, auch Lehnwörter aus dem Tschechischen und Russischen dazu. Schriftsteller beweisen oft viel Fantasie und bereichern die kaschubische Sprache um Neologismen, die durch Kulturvereine und Zeitungen Verbreitung finden.

Der Erhalt des Kaschubischen ist keineswegs sicher, die Zahlen der Muttersprachler sind leicht rückläufig. Hoffnung besteht aber durchaus, das das Interesse an der Sprache wächst und Möglichkeiten geschaffen werden, die Sprache zu lernen und im öffentlichen Alltag zu gebrauchen.

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