Die Edda

Die Mythologie der Nordgermanen umfasst unzählige Geschichten über Götter, Riesen, Zwerge und andere mythische Wesen. Anfangs nur mündlich weitergegeben, wurden diese Geschichten im 13. Jahrhundert auf Island in der sogenannten Edda aufgeschrieben.

Die Edda besteht aus zwei Teilen, die sich durch verschieden Autoren und Textformen voneinander unterscheiden: die Snorra-Edda und die Lieder-Edda. Beide sind in altisländischer Sprache geschrieben. Der Inhalt der Edda stammt aus vorchristlicher Zeit, umso erstaunlicher, dass sie erst spät im schon christianisierten Island aufgeschrieben wurden. Daher muss bei der Erforschung und Interpretation der Edda immer der Einfluss der Kirche hinterfragt werden. Funde von ähnlichen Texten in Runenschrift weisen darauf hin, dass die Edda nicht die allererste Aufzeichnung ist.

Die Snorra-Edda ist von Snorri Sturluson um 1220 als eine Art Lehrbuch für die Skalden der damaligen Zeit verfasst worden. Und obwohl Snorri sein Werk als Lehrbuch konzipiert hat, ist es eins der wichtigsten Quelle der altnordischen Welt. Der Grund für Snorris Bestreben die heidnischen Geschichten aufzuschreiben, könnte die Angst des Vergessens gewesen sei, denn das Christentum hatte für die Geschichten und die traditionelle nordische Dichtkunst keinen Platz in ihrer Weltanschauung.

Die Snorri-Edda besteht dem Prolog und drei Hauptteilen. Der Prolog setzt die folgenden Geschichten in einen historischen und religiösen Bezug zum Christentum. Teil I und II erzählen die Helden- und Sagengeschichten in Prosaform, während der dritte Teil die Arten der Strophenformen mit Beispielen aus anderen Geschichten und Liedern erklärt, quasi als Anleitung zum Dichten.

Es existieren vier Manuskripte der Snorri-Edda, die wahrscheinlich Abschriften und keine Originale von Snorri sind, da drei von ihnen auf die Jahre 1300-1350 und eins um das Jahr 1600 datiert sind.

Die Lieder-Edda wurde zum Ende des 13. Jahrhundert geschrieben und beinhaltet die Lieder der nordischen Sagenwelt. Einige Abschnitte sind aus der Snorri-Edda übernommen. Seit wann es die Lieder der Edda gibt, kann man nicht sagen, denn vor der Verschriftlichung in der Edda wurden sie nur mündlich weitergegeben. Auch ist kein namentlicher Verfasser bekannt. Man kann davon ausgehen, dass sich mehrere Verfasser an der Liedersammlung beteiligt haben. Möglich sind auch unterschiedliche Entstehungsjahre, denn die Schreibung wechselt mehrmals.

Die Lieder-Edda enthält 16 Götter- und 24 Heldenlieder, die u.a. von Odins Zaubern, Lokis Taten oder den Helden wie Sigurd, dem Drachentöter, erzählen. Die Lieder unterscheiden sich durch Sprachstufen und -stil, so dass man unterschiedlichem Alter der Lieder ausgehen kann. Auch die Zeichnungen auf den Manuskripten geben Aufschluss über das Alter, aber kaum über die Verfasser. Zwischen den Strophen finden sich manchmal kurze Erklärungen der Prosatexte. Auch die Reihenfolge lässt Fragen offen. Anders als eine Chronik sind die Lieder nicht in zeitlich korrekter Reihenfolge aufgeschrieben worden. Es scheint oft so, dass die Geschichten, die aufeinander Bezug nehmen, einander folgen, unabhängig von der Chronologie. Mitunter entstehen dabei unlogische bzw. zeitlich unmögliche Überschneidungen oder Geschichtenverläufe.

Trotz seines heidnischen Inhalts erfreute sich die Edda seit ihrer Verschriftlichung großer Beliebtheit, auch über die Grenzen der nordischen Welt hinaus. Die Geschichten der Helden sind in andere Kulturkreise eingewandert, wurden angepasst und heute noch so spannend wie damals. Das Interessante an den Geschichten und Liedern der Edda ist die Menschlichkeit der Protagonisten, denn in der nordischen Mythologie erscheinen Götter und Helden oft sehr menschlich. Sie lieben, hassen, lügen usw., um zu bekommen, was sie wollen. Das nordische Heidentum, die Kultur und Traditionen, erfreuen sich zunehmender Beliebtheit, ähnlich wie andere heidnische Religionen. Dieser Erfolg ist auch den Verfassern der Edda zu verdanken, die das vorchristliche Wissen bewahrt haben.

Quellen

Simek, Rudolf. Die Edda. C.H. Beck, München 2007

Die Edda. Götterlieder, Heldenlieder und Spruchweisheiten der Germanen. Übertragen von Karl Simrock, Marix Verlag, Wiesbaden 2011

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