Pennsylvania Dutch – Die Sprache der Amische und Mennoniten

In den USA gibt es eine große Sprechergemeinschaft, die eine Variante des Deutschen seit mehreren Jahrhunderten fast unverändert pflegt. Die Bezeichnungen sind vielfältig: Pennsylvania German, Pennsylvaniadeutsch, Pennsilfaanisch Deitsch, Pennsilfaani oder Pennsilveni-Deitsch. Die Begriffe sind untereinander austauschbar.

Alle Begriffe beziehen sich auf eine Pfälzer Mundart, die Auswanderer aus der Kurpfalz und aus Süddeutschland nach Amerika mitbrachten. Sie flohen meist wegen religiöser Verfolgung aus ihrer Heimat. Der Großteil gehörte den protestantischen Glaubensrichtungen der Täufer an sowie weitere kleinere Gruppen wie Pietisten und den Mährischen Brüdern.

Die erste große Auswanderungswelle um 1680 verschlug die Auswanderer nach Pennsylvania, wo sie erste Siedlungen gründeten und das Land bestellten. Mehrere Auswanderungswellen in den nächsten zwei Jahrhunderten ließen die Deutschstämmigen zu einer zahlenmäßig großen Gruppe anwachsen und sie siedelten auch in anderen Bundesstaaten u.a. Ohio, Indiana, Iowa und Kentucky.

Die Menschen lebten meist in selbst gewählter Abgeschiedenheit, pflegten wenig Kontakt zu anderen und bewahrten so ihre Kultur und Sprache. Die verschiedenen deutschen Dialekte, die die Auswanderer sprachen, wurden im Laufe der Zeit von dem typischen Siedler-Dialekt aus Pennsylvania verdrängt. Heute ist das Pennsylvania Dutch fast überall einheitlich.

Der Begriff Pennsylvania Dutch ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass zur Zeit des Ersten Weltkrieges eine verstärkte antideutsche Stimmung in den USA herrschte und die Bezeichnung Pennsylvania German zu sehr an Deutschland denken ließ. Außerdem stammt der gemeinsame Ursprung von Dutch, Deitsch sowie Deutsch aus dem selben urgermanischen Wort.

Die ursprüngliche Gruppe der Pennsylvania Dutch Sprechenden lässt sich in zwei kleinere Gruppen einteilen, die im Laufe der Zeit unterschiedliche Wege einschlugen. Die größere von beiden stammt von Einwanderern ab, die zwar zu protestantischen Gemeinden gehörte, aber einen offeneren Lebensstil pflegten und sich schneller an die Kultur der Allgemeinheit anpasste, in Bezug auf Kleidung, Berufe und Sprache. Diese Gruppe assimilierte sprachlich zum Englischen und ist heute kaum noch sichtbar.

Die zweite, zahlenmäßig viel kleinere, Gruppe war tief religiös und lebte abgeschieden innerhalb ihrer Gemeinden. Noch heute prägen sie das Bild vom Landleben, klassischer Rollenverteilung und Vermeidung äußerer Einflüsse: Die Amische und die Mennoniten. Auch innerhalb dieser Gruppe gibt es Untergruppen, aber die Sprache ist ihnen gemeinsam. Durch ihren Kinderreichtum wächst die Sprecherzahl kontinuierlich an. Momentan geht man von circa 350.000 Sprechern aus.

Das Pennsylvania Dutch ist in den USA nicht als Minderheitensprache anerkannt. Trotzdem genießt es ein hohes Prestige. Es gibt zweisprachige Beschilderung in den Gebieten der Sprecher, innerhalb der Schulbildung wird es in allen Sprechergemeinden unterrichtet. Auch die wirtschaftliche Lage der Sprecher, die fast ausschließlich in Gemeinschaften der Amish oder Mennoniten leben, ist gut.

Durch den fehlenden Kontakt zum Standarddeutschen hat sich im Pennsylvania Dutch eine archaische Form des Deutschen erhalten, der von Sprechern des Standarddeutschen nur schwer verstanden wird. Hinzu kommt, dass es vom Pennsylvania Dutch zwei unterschiedliche Formen im Leben der Sprecher gibt: das gesprochene Pennsylvania Dutch und das Pennsylvaniahochdeutsch.

Pennsylvaniahochdeutsch beinhaltet das Deutsch, das zur Zeit der Einwanderung in die USA gesprochen wurde, also frei vom Einfluss des Englischen ist und als Sakralsprache in Kirchenschriften und bei Gottesdiensten verwendet wird. Die Sprecherzahl (aktive Sprecher) ist sehr klein, meist sind es die Älteren und Personen mit religiösen Funktionen. Die Zahl der Sprecher wird auf 5.000 geschätzt.

In der Alltagssprache hat das Pennsylvania Dutch über die Jahrhunderte natürlich Veränderungen erfahren. Vor allem der Kontakt mit dem Englischen ist unübersehbar. Die Amische und Mennoniten sprechen fast alle Englisch, meist mit dem typischen Akzent, der durch den Einfluss des Pennsylvania Dutch als L1 zustande kommt.

Auch die Abgeschiedenheit, die früher ein zentrales Element war, kann aus wirtschaftlicher Sicht nicht komplett aufrecht erhalten werden. Amish und Mennoniten sind im Handel und Handwerk tätig, kommen also zwangsläufig mit Menschen außerhalb ihrer Gemeinde in Kontakt.

Manche Forscher sprechen davon, dass in den Gemeinden eine Triglossie, also das Vorhandensein dreier Sprachen in einer Gemeinschaft, vorherrscht. Das beinhaltet das alltägliche Pennsylvania Dutch, Englisch und Pennsylvaniahochdeutsch. Wobei letzteres eigentlich nur passiv verwendet wird und daher eher eine Diglossie angenommen werden muss. Trotzdem zeigt sich durch das Wirken aller drei Sprachen eine interessante Entwicklung im alltäglichen Sprachgebrauch.

Der Wortschatz weist mitunter alte Wörter aus dem ursprünglichen Pfälzer Dialekt auf, die es heute im Standarddeutschen nicht mehr gibt. Viele entlehnte Wörter aus dem Englischen werden streng nach deutscher Grammatik flektiert z.B. ‘Was isch gehappend?’ – ‘Was ist passiert?’. Entlehnte englische Substantive bekommen ein Artikel und werden produktiv zur Bildung von zusammengesetzten Substantiven (Komposita) verwendet.

Immer wieder lässt sich Code-Switching beobachten, also die Verwendung zweier Sprachen, hier Pennsylvania Dutch und Englisch, in einer bestimmten Sprechsituation.

Die grammatische Fällen Nominativ und Akkusativ fallen meist zusammen, der Dativ verschwindet zusehens. Die im Englischen übliche Verlaufsform (Progressiv) wird in allen Zeitformen sehr produktiv genutzt.

Einen großen Streitpunkt bildet die Orthographie. Es gab zwei Systeme, das Buffington-Barba-Spelling-System (BBS) und das Hershberger-Wycliffe-Modell (HWM). Durchgesetz hat sich das Buffington-Barba-Spelling-System, das sich an dem phonemischen Prinzipien der Sprache orientiert und heute als Standard gelehrt wird. Unter anderem ist dabei die Großschreibung der Substantive, wie im Standarddeutschen, festgelegt. Allgemein ist aber das Interesse an neu geschriebenen Werken, die sich nicht mit religiösen Themen beschäftigen, gering.

Obwohl diese deutsche Sprachinsel seit langer Zeit fremdsprachigen Einflüssen ausgesetzt ist, zeigt sie sich stabil und wird auch noch lange weiterbestehen. Die Existenz des Englischen im Alltag zeigt zwar Spuren im Pennsylvania Dutch, aber es besteht keine Gefahr der kompletten Anpassung ans Englische. Die Traditionen und kulturellen Aspekte der Amish und Mennoniten sind tief mit dem Pennsylvania Dutch verwurzelt und werden intensiv gepflegt.

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*