
Von der verpflichtenden Schullektüre im Abitur ist mir besonders die Novelle ‚Die Judenbuche‘ in Erinnerung geblieben, weil sie mir ausgesprochen gut gefiel und dann auch noch das Thema der Abiturprüfung war. Es stellte außerdem eine Ausnahme dar, weil es das einzige Werk auf der Leseliste war, das eine Frau verfasst hat: Annette von Droste-Hülshoff (1797-1848).
Die Familie von Droste-Hülshoff gehörte zum Adel und Annette wuchs mit ihren Geschwistern recht behütet auf. Sie genoss eine, für die damalige Zeit, gute Ausbildung und war hervorragend in Musik und Literatur ausgebildet und sprach mehrere Sprachen. Ihr großes Interesse galt der Naturwissenschaft, wobei es ihr die Geologie besonders angetan hatte.
Zeitlebens war Droste-Hülshoff von schwacher Konstitution, sie hatte Probleme mit den Augen und litt an regelmäßigen Migräneattacken. Schon als Kind verbrachte sich viel Zeit im Haus, nur wenn Ausflüge in die Natur anstanden, z.B. um Steine zu sammeln, gab es kein Halten für das Mädchen.
Bereits in jungen Jahren trat ihr literarisches Talent zu Tage und wurde von den Eltern gefördert. Freunde der Familie bestärkten das Mädchen, sodass sie sogar an einigen Werke anderer Schriftsteller mitwirken durfte. Es entstanden zahlreiche Gedichte und Geschichten in Droste-Hülshoffs Jugendjahren, die in den oft von ihr besuchten Literaturzirkeln gerne gehört wurden.
Die Gesundheit der jungen Frau machte lange Reisen unmöglich und so waren diese eine Ausnahme in Droste-Hülshoffs Leben. Gelegentliche Reisen, u.a. nach Köln und in die Schweizer Berge, inspirierten sie zum Schreiben und boten Gelegenheit sich mit anderen Intellektuellen auszutauschen.
Annette Droste-Hülshoff blieb unverheiratete und lebte bescheiden, da sie nur eine kleine Apanage von ihrem Bruder bekam. Sie konnte dennoch ihrer Sammelleidenschaft von Steinen, Fossilien und Münzen nachgehen, neben dem Schreiben ihre großen Leidenschaften.
Im Laufe ihres Leben schrieb Droste Hülshoff unzählige Gedichte, die noch zu Lebzeiten veröffentlicht wurden, aber damals keine breite Leserschaft fanden. Ihr bekanntestes Werk, Die Judenbuche‘ ist heute in viele Sprachen übersetzt und auch verfilmt worden. Ob diese Novelle oder ihre Balladen, sie bleibt ihrem Stil treu. Es gibt bei ihr wenig Platz für gesellschaftliche und religiöse Zwänge, schließlich war sie eine unverheiratete Frau, eine der wenigen ihrer Zeit.
Neben ihrer schriftstellerischen Tätigkeit war Droste-Hülshoff auch als Komponistin aktiv. Ihre Eltern ließen ihre Tochter am Klavier und an der Orgel ausbilden, sie spielte oft auf Konzerten und sang sehr gut. Daraus ergaben sich in späteren Jahren Kompositionen, die meisten davon sind aber erst nach dem Tod der Komponistin öffentlich geworden.
Ihr Tod im Jahr 1848 beendete das Schaffen einer Frau, deren Können sich schon früh zeigte, seine volle Wirkung aber erst nach ihrem Tod entfalten konnte.
Quellen
Arnold, Heinz Ludwig (Hrsg.). Kindlers Literatur Lexikon. Metzler, Stuttgart 2009
Kaiser, Maria Regina Kaiser. Annette von Droste-Hülshoff. Dichterin zwischen den Feuern. Romanbiografie. Südverlag, Konstanz 2021