Florian Ceynowa

Die Kaschubei, ein Gebiet südwestlich von Danzig, ist die Heimat der Kaschuben, eine ethnische Minderheit in Polen. Sie sprechen Kaschubisch, eine nah mit Polnisch verwandte westslawische Sprache. Als Minderheit mussten sie schon immer um ihre Rechte kämpfen. Der bekannteste Kaschube ist Florian Ceynowa, der sich nicht nur für die Rechte der Kaschuben einsetzte, sondern auch die kaschubische Schriftsprache normierte und Werke auf Kaschubisch veröffentlichte.

Florian Stanisław Wenanty Ceynowa (kasz. Florión Cenôwa) wurde am 4.5. 1817 in Sławoszyn, einem Dorf im Kreis Puck, geboren. Er stammte aus einer kinderreichen Bauernfamilie, besuchte die Dorfschule und wechselte 1830 auf das Gymnasium in Chojnice (dt. Chojnitz). Die klassische Schulbildung beinhaltete vor allem das Studium der alten und modernen Sprachen. Ceynowa begeisterte sich sehr für Literatur, gehörte auch dem  Literaturzirkel “Polonia” an. Durch die Entfernung zu seinem Heimatdorf lebte er ohne die Eltern die Schulzeit über in Pensionen. 1841 schloss er die Schule ab und begann ein Philisophiestudium in Wrocław (dt. Breslau), wechselte aber zum Jahresbeginn 1843 an die medizinische Fakultät. Trotz Stipendien hatte Ceynowa immer wieder finanzielle Probleme.

In Wrocław kam er mit dortigen Größen der Slawistik in Kontakt und trat verschiedenen slawistischen Gesellschaften bei. Im Juni 1843 veröffentlichte er seinen Aufsatz „Die Germanisierung der Kaschuben“, der mehrmals nachgedruckt wurde. Es folgten weitere kleinere Schriften in kaschubischer Sprache über kulturelle Aspekte der kaschubischen Kultur. Im August 1843 wechselte Ceynowa an die Königsberger Universität, wo er sein Medizinstudium fortsetzte und als Militärarzt arbeitete.

Er kam in Königsberg mit revolutionären Kräften in Berührung, die sich gegen die preußische Regierung zusammenschlossen. Im 1846 war Ceynowa Teil des Aufstandes gegen die preußischen Machthaber, wurde verhaftet und mit einem Ausreiseverbot belegt, gegen das er mit seiner Flucht nach Kartuzy (dt. Karthaus) verstieß. Inhaftiert in Berlin-Moabit wurde er zum Tode verteilt, 1848 aber vom preußischen König Friedrich Wilhelm IV. begnadigt.

Die Leidenschaft für die kaschubische Kultur und Sprache ließen Ceynowa nicht los. Noch in der Haft korrespondierte er mit der Gesellschaft für Pommersche Geschichte und Alterthumskunde in Szczecin (dt. Stettin), die er mit Informationen über die Kaschuben versorgte und sich den Ruf eines Experten auf diesem Gebiet.

1851 promovierte Ceynowa in Berlin, trat eine Stelle in Bukowiec, einem Dorf in Kujawien-Pommern, geriet aber in rechtliche Schwierigkeiten, wahrscheinlich aufgrund eines Behandlungsfehlers. 1855 kaufte er einen Bauernhof in Bukowiec und dort arbeitete als Landwirt. Nebenbei führte er eine kleine Apotheke und lebte mit Rozalia Tarnowska zusammen, die vier Kinder von ihm bekam.

Das Leben auf dem Land und das Familienleben brachten Ruhe in Ceynowas Leben, er reiste viel u.a. in die Lausitz und nach Prag und schrieb zahlreiche Abhandlungen. Sein größtes Interessengebiet blieb immer die Kaschubei, ihre Kultur und Sprache.

Während des Januaraufstands 1863-1864 stand Ceynowa wieder mal unter Beobachtung der preußischen Behörden, wohl wegen seiner politischen Ansichten und der Ereignisse zu Studienzeiten.

Die literarische Arbeit Ceynowas reicht von Übersetzungen religiöser Texte, Liederbüchern über Wörterbücher, Beschreibungen der kaschubischen Bräuche bis hin zu politischen Schriften zur Eigenständigkeit der Kaschuben als Volksgruppe. Die meisten seiner Schriften erschienen in kaschubischer Sprache. Wer sich für die Kaschuben und ihre Sprache interessiert, kommt an Florian Ceynowa nicht vorbei! Das ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass er keine Ausbildung auf den Gebieten der Sprachwissenschaft oder Ethnografie hatte, doch sein Interesse und Eifer glichen das aus.

Die Verehrung, die ihm heute zuteilwird, hat er nicht mehr miterlebt. Zu Lebzeiten wurden seine patriotischen Ansichten und Bemühungen nicht ernstgenommen. Er starb am 26.03.1881 in Bukowiec an einem Herzinfarkt.

Das heutige Interesse an den Kaschuben und ihrer Kultur stützt sich im großen Maß auf die Arbeit Ceynowas. Straßen, Schulen und vieles mehr sind nach dem „kaschubischen Erwecker“ benannt.

Die kaschubische Sprache ist vom polnischen Staat mittlerweile als Regionalsprache anerkannt, sie wird in der Kaschubei als Unterrichtssprache genutzt, die Beschilderung der Straßen ist zweisprachig und immer mehr Kaschuben nutzen ihre Sprache auch wieder im öffentlichen Raum, was zeigt wie stolz sie darauf sind.

Die Erinnerungen an Florian Ceynowa werden von den Kaschuben lebendig gehalten und auch in der slawistischen Forschung greift man oft auf seine Schriften zurück. Sein Lebenswerk lebt weiter und wird von immer mehr Forschern ausgebaut.

Quellen

Majkowski, Aleksander. Geschichte der Kaschuben. Dienstl. Uebers Berlin-Dahlem: Publikationsstelle 1938

Neureiter, Ferdinand. Geschichte der Kaschubischen Literatur. Versuch einer zusammenfassenden Darstellung (= Slavistische Beiträge; 272) Verlag Otto Sagner, München 1991

Bildquelle

Von Artur Andrzej – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27456772

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