Mähren

Wenn man sich heute eine Landkarte von Tschechien anschaut, erkennt man drei unterschiedlich große Teile: Schlesien, Böhmen und Mähren.

Mähren, tschechisch Morava, liegt im Osten, hat eine kurze Grenze zu Polen im Norden. Im Süden und im Osten verläuft die Grenze zu Niederösterreich bzw. der Slowakei. Die größten Städte sind Brno (Brünn), Olomouc (Olmütz) und Zlín (Zlin).

Die Wirtschaftskraft liegt vor allem in der Industrie (u.a. Stahl, Bergbau und Chemie), deren wichtigster Partner die Länder der EU sind. Große Flächen werden landwirtschaftlich genutzt. Außerdem ist Mähren für seinen Weinanbau bekannt.

Die Besiedlung Mährens reicht weit zurück, die ersten archäologischen Spuren weisen auf alte Siedlungen, datiert auf 5000 v.Chr., hin. Bis heute hat man mehrere hunderte Siedlungen aus verschiedenen Zeiten identifiziert. Ab dem 6. Jahrhundert n.Chr. siedelten dort die Namensgeber der Region, die Mährer, ein westslawischer Volksstamm.

Um 800 herum entstand ein mährisches Fürstentum, was über die Zeit immer wieder in Konflikte mit den Ungarn und Böhmen verwickelt war. In dieser Zeit brachten die bekannten Missionaren Kyrill und Method das Christentum nach Mähren und 955 kam es unter böhmische Herrschaft, als Teil des späteren böhmischen Königreiches. Seit diesem Zusammenschluss gilt Mähren als historische fest verbundene Einheit mit Böhmen, was für die Staatsgründung Tschechiens ein wichtiges Kriterium darstellte.

Verschiedene Herrscher überzogen die mährischen Lande mit Krieg, es gab Herrscherwechsel und schließlich fiel zu Beginn des 16. Jahrhunderts das Gebiet durch Krieg und strategische Hochzeiten an die Habsburger, die es bis zum Ende des ersten Weltkrieges 1918 regierten.

Die Reformation im 16. Jahrhundert erfasste große Teile Mährens. Nicht nur der protestantische Glauben, sondern auch die Täuferbewegung wurde von vielen Menschen angenommen, was zu blutigen Auseinandersetzungen, Vertreibungen und Auswanderungen führte. Der aus Nikolsburg stammende Balthasar Hubmaier gilt als Begründer der mährischen Täufer. Nachfahren dieser Täufer leben bis heute in Kanada und den USA. Ähnlich verfolgt wurden auch die mährischen Juden, denen zahlreichen Repressalien z.B. das Wohnen in bestimmten Stadtteilen auferlegt wurden.

Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges 1918 gründete sich die Tschechoslowakei, in das auch Mähren eingegliedert wurde. Die dort lebenden deutschstämmigen Menschen erhielten die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft. Die Nationalsozialisten erklärten Mähren nach der Annexion und Besetzung 1939 zum deutschen Gebiet, die Deutschstämmigen wechselten wieder die Staatsbürgerschaft. Nach 1945 wurden die meisten Deutschen aus Mähren vertrieben, eine kleine Gruppe z.B. Ehepartner aus tschechisch-deutschen Ehen durften bleiben. Die deutsche Minderheit macht heute nicht mal ein Prozent der tschechischen Bevölkerung aus.

Die Mährer als westslawischer Volksstamm sind vollständig in der tschechischen Nation aufgegangen, doch noch heute bezeichnen sich mehr als eine halbe Million Menschen dem mährischen Volk zugehörig. Die mährischen Dialekte, die sich teilweise deutlich vom Standardtschechischen unterscheiden, werden in drei Dialektgruppen eingeteilt: Mittel-, Ost- und Nordmährisch.

Das Wappentier Mährens ist der Mährische Adler, der im 13. Jahrhundert erstmalig erwähnt wird, im Siegel Přemysls von Mähren. Im Wappen Tschechiens ist er mit den Wappen der anderen beiden Landesteile zu sehen.

Quellen

Prinz, Friedrich. Deutsche Geschichte im Osten Europas. Böhmen und Mähren. Siedler. Berlin 1993

Schacherl, Lillian. Mähren. Prestel. München/New York 1998

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