Rumänisch

Das rumänischsprachige Kerngebiet liegt inmitten des Balkansprachbundes, in der viele Sprachen unterschiedlicher Familien wie Griechisch, Albanisch oder Mazedonisch liegen. Sie grenzen mit ihren Sprachgebieten zwar aneinander, sind aber nicht oder nur entfernt verwandt, was ungewöhnlich ist.

In Rumänien und Moldau ist Rumänisch Amtssprache, Regionalsprache in Teilen Serbiens und Griechenlands und seit 2007 auch eine der Amtssprachen der EU. Rumänisch hat etwa 20 Mio. Muttersprachler in Rumänien, ca.3 Mio. in Moldau und etwa 1,5 Mio. außerhalb dieser beiden Länder. Das heutige Rumänisch als Standardsprache bezieht sich eigentlich auf das Dakorumänische, das zusammen mit Aromunisch, Meglenorumänisch, Istrorumänisch und Dalmatisch (ausgestorben) die Gruppe der balkanromanischen Sprachen bildet.  Es ist die östlichste romanische Sprache in der romanischen Sprachfamilie, die großen „Geschwister“ Französisch, Spanisch, Italienisch und Portugiesisch liegen weit entfernt. Das hat historische Gründe: In den römischen Provinzen Dakien und Moesien, die an der Donau liegen, wurde Latein gesprochen. Daraus entwickelte sich zwischen dem 7. und 9. Jahrhundert, räumlich getrennt von der Sprachfamilie, das Rumänische, mit vielen Einflüssen der anderen Sprachen des Balkansprachenbundes, vor allem slawische.

Als ältestes schriftliches Dokument in rumänischer Sprache wird der Brief des Neacșu aus Câmpulung aus dem 16. Jahrhundert angesehen. Anders als viele Sprachen des Balkansprachbundes schreibt man das Rumänische heute in lateinischer Schrift. Bis 1862 galt aber die kyrillische Schrift, die Änderungen zur lateinischen Schrift wurde von der Rumänischen Akademie 1881 mit einer Reform der Schreibung zugunsten des phonetischen Prinzips durchgesetzt, wobei davon in den letzten drei Jahrzehnten wieder abgewichen wurde. Eine einheitliche Orthografie ist trotz offizieller Richtlinien noch nicht überall der Standard. Buchstaben, die es im deutschen Alphabet nicht gibt: <ă, â, î, ș, ț>.

Das Phoneminventar besteht aus 33 Phonemen: 7 Vokalen, 2 Halbvokalen, 2 Halbkonsonanten (aus Halbvokalen und -konsonanten entstehen zahlreiche Diph- und Triphthonge) und 22 Konsonanten. Der Wortakzent ist sehr dynamisch, die Regeln besitzen jedoch jede Menge Ausnahmen.

Entgegen den anderen romanischen Sprachen besitzt das Rumänische noch Teile von Kasusdeklinationen, außerdem theoretisch ein neutrales Genus, jedoch ohne eigene Form. Ungewöhnlich ist die Tatsache, dass der Artikel hinter dem Substantiv steht, das ist in romanischen Sprachen ungewöhnlich. Die Verben werden in zwei Konjugationsklassen aufgeteilt, Ausnahmen bilden ein paar Auxiliarverben. Außerdem verwendet das Rumänische sowohl analytische als auch synthetische Verbformen. Allgemein gilt die Wortstellung Subjekt-Verb-Objekt, aber ähnlich wie im Lateinischen gibt es viele Möglichkeiten zur Umstellung der Satzglieder.

Der größte Teil des Wortschatzes stammt aus dem Lateinischen, aber die starken Einflüsse der umgebenden Sprachen sind unverkennbar. Die rumänische Sprache nimmt ohne Probleme Lehnwörter auf. Mindestens 10% des Wortschatzes sind slawischen Ursprungs (unterschiedlich viel aus verschiedenen slawischen Sprachen) z.B. ‚corenie‘ – ‚Ursprung, Familie‘, kleinere Anteile aus dem Türkischen z.B. ‚cioban‘ – ‚Hirte‘, Griechischen z.B. ‚proaspăt‘ – ‚frisch‘, Albanischen z.B. ‚gata‘ – ‚fertig, bereit‘, Ungarischen z.B. ‚oraș‘ – ‚Stadt‘  und Deutschen z.B. ‚pantof‘ – ‚Schuh‘ , was oft an der geografischen Nähe der Sprachen liegt oder an historischen Gegebenheiten wie Herrschaftsgebiete oder Ansiedlungen von fremden Siedlern. Die stetige Einflussnahme des Russischen im 18. Jahrhundert bis zum Ende des Kalten Krieges hinterließ deutliche Spuren. Je nach Region zeigen sich die sprachlichen Einflüsse aus den verschiedenen Sprachen als Regiolekte, nicht alle haben es bis in das Standardrumänisch geschafft. Mittlerweile nimmt auch die Übernahme von Anglizismen zu, wie überall.

Die Überschneidungen mit den romanischen Verwandten in Westeuropa betragen teilweise 80%, was nicht heißt, dass sich Sprecher:innen romanischer Sprachen miteinander unterhalten können. Die Rumänischsprecher:innen sind sich ihres romanischen Erbes wohl bewusst. Trotz der langen Geschichte der Sprache erlangte sie bei weitem nicht so ein Prestige wie ihre westlichen Verwandten.

Quellen

Bochmann, Klaus & Stiehler, Heinrich. Einführung in die rumänische Sprach- und Literaturgeschichte. Romanistischer Verlag, Bonn 2010.

Iliescu, Maria. Rumänisch. In: Miloš Okuka (Hg.): Lexikon der Sprachen des europäischen Ostens. Wieser, Klagenfurt 2002.

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