
Wenn wir an die Schweiz denken, kommen uns Schlagwörter wie Neutralität, Uhren, Käse oder direkte Demokratie in den Sinn. Aber abgesehen davon existiert in der Schweiz die in Europa einmalige Situation, dass gleich vier Sprachen als Landessprachen festgelegt sind: Deutsch, Französisch, Italienisch und Bündnerromanisch.
Diese gesetzliche Mehrsprachigkeit ist unter anderem geografisch erklärbar und unterstreicht den Zusammenhalt der Schweizer. Sie haben sich über Jahrhunderte ihre Unabhängigkeit und starke politische Stellung innerhalb Europas erkämpft. Schon von Anfang an war die Schweiz an guten Handelsbeziehungen zu ihren Nachbar interessiert, eine Kommunikationsbasis waren die Sprachen der Partner und diese Mehrsprachigkeit hält sich noch immer.
Jedoch ist die aktuelle Situation so, nicht alle Menschen in der Schweiz alle vier Sprachen sprechen. In Umfragen geben die Menschen meist an zwei Landessprachen zu sprechen, dazu kommt oft Englisch.
Die Verteilung der Landessprachen entspricht in etwa der Geografie zum jeweils gleichsprachigen Nachbarland: Französisch im Osten, Italienisch im Süden, Deutsch in Norden und dem Landesinneren. Das zahlenmäßig kleine Bündnerromanisch wird im Osten und nördlich des italienischen Sprachgebiets gesprochen.
Die drei ‚großen‘ Sprachen sind seit 1848, Bündnerromanisch seit 1938 gesetzlich als Landessprachen verankert. Die Gesetzgebung billigt den Kantonen aber die Entscheidung über die jeweilige Sprache zu, sodass sich die Menschen an ihren Wohnort nicht grundsätzlich auf alle vier Sprachen berufen können.
Es lässt sich mit Recht behaupten, dass Deutsch (meist alemannische Dialekte) nach Zahlen die dominanteste Sprache ist. Französisch vergrößert aber seit einiger Zeit seine Sprachgebiet, während Italienisch konstant bleibt und Bündnerromanisch immer mehr abnimmt.
In der Schweiz leben heute knapp 10 Millionen Menschen, die verschiedene Sprachen sprechen. Die Bevölkerungszahl ist in den letzten Jahrzehnten stetig angestiegen, aufgrund von Arbeitsmigration oder Gewährung von Schutzsuchenden. Damit stieg auch der Anteil der Menschen, die keine der vier Landessprachen als Erstsprache sprechen.
Neben den Landessprachen sind vor allem Englisch, Portugiesisch, Albanisch und Spanisch Sprachen mit markanter Sprecher*innenzahl, die bspw. in Deutschland weniger groß sind. Das ist eine Entwicklung der letzten Jahrzehnte und wird mit der Entwicklung der Arbeitsmigration in der Schweiz immer diverser.
Daneben gibt es noch ‚alteingesessene‘ Sprache, die keinen Landessprachenstatus besitzt, von der Schweiz aber durch die Europäische Charta der Regional- und Minderheitensprachen anerkannt ist: Jenisch.
Die Deutschschweizer Gebärdensprache (DSGS) ist noch nicht offiziell anerkannt, was von den Gehörlosenverbänden stark kritisiert wird. Die fehlende Anerkennung wirkt sich nicht nur auf die Schulbildung, sondern auch auf fehlende Dolmetscher aus.
Mittlerweile bieten einige Schulen auch herkunftssprachlichen Unterricht an, wobei der Fokus primär auf dem Erwerb von mindestens zwei Landessprachen und Englisch liegt. Es gibt aber viele Organisationen, die außerschulischen Unterricht für die verschiedensten Sprachen anbieten.
Am Beispiel der Schweiz lässt sich gut erkennen, dass ein System mit mehreren Sprachen gut funktioniert und die Gesellschaft bereichert.
Quellen
Bickel, Hans & Schläpfer, Robert (Hrsg.): Die viersprachige Schweiz. Sauerländer, Aarau 2000
Bundesamt für Statistik: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/bevoelkerung/sprachen-religionen/sprachen.html