In Europa sind, im weltweiten Vergleich, nur wenige Schriften verbreitet. Bis in die vorchristliche Zeit der Römer und Griechen gab es auf dem europäischen Kontinent wahrscheinlich gar keine Schriften. Die Sprachen hier griffen dann auf eine Variante der phönizischen Alphabetschrift zurück, die etwa vom 11. bis 5. Jahrhundert v. Chr. verwendet wurde. Über Handelsbeziehungen nutzten die Europäer, ganz vorne dabei waren natürlich die Römer und Griechen, die phönizische Schrift in veränderter Form.
Doch auch andere Sprachen nutzten Varianten der phönizischen Schrift. Bis heute sehr bekannt ist das hebräische Alphabet. Das Hebräische ist, wie das Phönizische, eine semitische Sprache, deren Buchstaben eng mit anderen Alphabetschriften verwandt ist. Die althebräische Schrift wurde im zweiten Jahrhundert n.Chr. von einer neueren Form abgelöst, der sogenannten Quadratschrift. Der Name geht auf die Schreibung der Buchstaben zurück, die in ihrer Größe und Form an Quadrate orientiert.
Das hebräische Alphabet, verwendet seit etwa 300 v. Chr., bestand ursprünglich nur aus Konsonanten, geschrieben mit 22 Buchstaben, mit einigen Varianten für das Wortende. Buchstaben für Vokale gibt es nicht, doch werden Vokallaute durch Zeichen an den Konsonanten markiert (Aleph, He, Waw und Jod; die aber auch als Konsonanten fungieren). Die Lesenden müssen also wissen, wann welche Vokale stehen müssen. Das ist für Lernende eine große Herausforderung. Dafür gibt es keine Groß- oder Kleinschreibung.
Anders als Schriften mit lateinischen oder kyrillischen Buchstaben schreibt man die hebräische Schrift von links nach rechts wie z.B. Arabisch. Auch Zahlen wurden mit hebräischen Buchstaben dargestellt, gemäß ihrer Position im Alphabet. Bei größeren Zahlen kommen Markierungszeichen zum Einsatz. Heute werden Zahlen aber mit arabische Ziffern geschrieben, deren Darstellung einfacher und überschaubarer sind.
Nun könnte man denken, dass das hebräische Alphabet nur für die hebräische Sprache verwendet wird. Dem ist aber wahrlich nicht so. Auch andere, verwandte wie nicht verwandte Sprachen schreiben in hebräischer Schrift. Neben dem modernen Hebräisch (Ivrit) nutzen auch Sprecher*innen anderer Sprachen wie Judäo-Arabisch oder Judäo-Berberisch (nicht semitisch, aber auch afroasiatische Sprachfamilie) die hebräische Schrift. Aber auch Sprachen, die nicht aus der semitischen Sprachfamilie stammen wie Jiddisch, Judäo-Persisch oder Ladino bedienen sich dieser Schrift, wobei sich die religiösen und sprachlichen Einflüsse des Hebräischen durchaus bemerkbar machen.
Vor allem das westgermanische Jiddische war in Europa über Jahrhundert sehr präsent, da Juden in allen Gegenden des Kontinentes lebten und sie Jiddisch neben der jeweiligen Landessprache im Alltag sprachen. Die schriftlichen Quellen zeigen das hebräische Alphabet mit einer angepassten Schreibung. Die Vokale werden mit eigenen Buchstaben dargestellt, die Schreibung war (meist) phonetisch.
Versuche, die Sprachen mit hebräischer Schrift in lateinische Buchstaben zu transliterieren, spielt meist nur als Lerneinstieg in die hebräische Schrift eine Rolle. Die Literatur wird fast ausschließlich in hebräischer Schrift gedruckt. Eine Ausnahme bildet das Ladino, das in hebräischer und lateinischer Schrift zu finden ist.
Quellen
Aptroot, Marion & Gruschka, Roland. Jiddisch-Geschichte einer Kultur einer Weltsprache. C.H.Beck München 2010
Haarmann, Harald. Geschichte der Schrift. C.H. Beck. München 2002
Kramer, Johannes & Kowallik, Sabine. Einführung in die hebräische Schrift. Buske, Hamburg 2017
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