Marian Rejewski

Die Entschlüsselung der Enigma, der Chiffriermaschine der Deutschen, wird meist mit der Arbeit des britischen Mathematikers Alan Turing in Verbindung gebracht. Doch schon einige Jahre zuvor gelang einem Mann die grundlegende Entschlüsselung des Systems: Marian Adam Rejewski. 

Geboren wurde Marian Rejewski am 16. August 1905 in Bydgoszcz (damals Bromberg) im preußischen Teil Polens. Seine Eltern waren im Handel tätig und schickten ihren Sohn nach dem Abitur auf die Universität. Er studierte an Adam-Mickiewicz-Universität in Poznań (dt. Posen) und Georg-August- Universität in Göttingen Philosophie, belegte aber parallel Kurse in Mathematik, Statistik und Kryptologie. Nach dem Studium kehrte er nach Poznań zurück, weil er an der Universität eine Stelle angeboten bekam. Der polnische Staat wollte junge begabte Studenten, die deutsch sprachen, als Mitarbeiter des Chiffrenbüros zur Dekodierung im Militärdienst gewinnen. Rejewski passte daher perfekt in diese Abteilung.

In dieser noch jungen Abteilung ging es um die Entschlüsselung der deutschen Enigma 1, die zu diesem Zeitpunkt von den Deutschen zur Verschlüsselung der Funksprüche genutzt wurde und . Die Abteilung zog im Herbst 1932 nach Warschau um. Rejewski entwickelte dort eine kryptanalytische Maschine, genannt Bomba, mit der sich die Funksprüche mit einigen Stunden Versatz entschlüsseln ließen.

Nach Kriegsausbruch evakuierte die polnische Regierung alle Mitarbeiter des Chiffrenbüros über Rumänien nach Frankreich, wo sie ihre Arbeit wieder aufnahmen. Rejewskis Aufgabe bestand unter anderem darin, bei der Dechiffrierung der stetigen Weiterentwicklung der Enigma standzuhalten. Außerdem gab es auch andere Codes zu knacken, was ebenfalls in die Zuständigkeit Rejewskis und seiner Kollegen fiel.

Im Sommer 1942 gelangten die Kryptologen über Spanien und Portugal nach England, wo Rejewski dann als Leutnant diente. Die Arbeit des Polen wurde von den Briten nicht weiter unterstützt, was ein Grund für die mangelnde Bekanntheit Rejewskis ist.

Nach dem Krieg kehrte er nach Polen zurück. Dort fand er seine Familie wieder, die er 1939 zurücklassen musste. Er blieb, trotz guter Angebote aus Poznań und Szczecin, in Bydgoszcz und arbeitete bis 1950 in einer Fabrik. Danach wechselte er mehrmals die Stelle, bis er 1967 in Rente ging. In der Zeit nach seiner Rückkehr begann das Ministerium für Öffentliche Sicherheit ihn zu überwachen. Über seine Tätigkeiten vor und während des Krieges ließ er in der Öffentlichkeit kein Wort verlauten, was ihn vor weiteren Schikanen der Behörden bewahrte.

Seine Arbeit wurde erst Anfang der 1970er Jahre publik, was ihm verschiedene Ehrungen einbrachte. Nun konnte er über seine Geschichte schreiben und wurde regelmäßig interviewt. 1978 bekam er den Orden Polonia Restituta, der der zweithöchste zivile Orden in Polen ist.

Am 13. Februar 1980 erlag Rejewski einem Herzinfarkt und wurde auf dem Militärfriedhof in Warschau, seinem letzten Wohnort, beigesetzt. Seine Lebensgeschichte wurde mehrfach verfilmt, zahlreiche Gedenktafeln erinnern an sein Wirken. Wer sich heute mit Geheimsprachen beschäftigt, kommt an Marian Rejewski nicht vorbei.

Die Arbeit von Rejewski und seinen Kollegen hat entscheidend zur Verkürzung des Krieges beigetragen. Und trotzdem sind sie fast vergessen von der westlichen Welt, die vielleicht deshalb heute (noch) in Frieden lebt.

Quellen

Beutelsbacher, Albrecht. Geheimsprachen (= Becksche Reihe Wissen. Band 2071) C. H. Beck, München 2005

Brzeziński, Zbigniew.The Unknown Victors, J.S. Ciechanowski i inni red., Marian Rejewski, Living with the Enigma Secret, Bydgoszcz: Bydgoszcz City Council, 2005

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