Ferdinand de Saussure

Der Name Saussure begegnet jedem Linguistik-Studierenden im ersten Semester und begleitet durch das ganze Studium, ob man will oder nicht.

Der Schweizer Ferdinand de Saussure prägte die Linguistik wie kaum ein anderer. Am 26. November 1857 in Genf geboren, studierte er in Leipzig und Berlin Indogermanistik, promovierte und lehrte in Paris und bis zu seinem Tod in Genf. Seiner Familie entstammten viele angesehene Wissenschaftler und Künstler, der akademische Weg war demnach ein Muss für den jungen Mann. Nach seinem Studium heiratete er Marie Faesch, aus einer angesehenen Schweizer Familie, mit der er einen Sohn bekam, Raymond de Saussure, der später als Psychoanalytiker bekannt wurde. Ferdinand de Saussure starb am 22. Februar 1913 auf Schloss Vufflens in der Schweiz.

Saussures Studium sowie seine Lehrtätigkeit ließen zahlreiche Forschungsarbeiten entstehen, die sich im Kern mit vergleichender Linguistik und Rekonstruktion des Indogermanischen befassten.

Doch viel bekannter als die zu Lebzeiten erschienenen Arbeiten, sind die Theorien des Strukturalismus. Saussures Schüler Charles Bally und Albert Sechehaye veröffentlichten nach seinem Tod das Buch „Cours de linguistique générale“ (dt. „Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft“), in dem Saussures Theorie „Sprache als Zeichen“ dargestellt ist. Er durchleuchtet jeden Aspekt der Sprache, hinterfragt und gibt mögliche Antworten. Wer es schon mal gelesen hat, wird feststellen, dass es durchaus zu Diskussionen anregt und zusätzliche Fragen aufwirft.

Ein klassisches Modell zur Definition bzw. Frage „Was ist Sprache?“ von Saussure teilt sich in drei Aspekte:

Langage →die Fähigkeit des Menschen zu sprechen

Langue → Sprache als Einzelsprache mit grammatischen Regeln etc., die innerhalb einer Gruppe von Menschen vorherrscht

Parole → der Sprechakt mit seinen individuellen Komponenten, die Veränderungen der Langue einleiten kann

Diese drei Aspekt bedingen einander, ohne ihre Kombination wäre die Kommunikation durch Sprache nicht möglich. Damit ist Sprache ein von Menschen für Menschen gemachtes System, das nur durch sie lebendig gehalten und verändert wird. Die stark theoretischen Ausführungen können das Thema „Sprache“ sehr abstrakt erscheinen lassen, denn im Alltag denken wir selten darüber nach wann wir etwas wie sagen.

Die Veränderlichkeit von Sprache(n) ist für Saussure abhängig von den Sprecher*innen, die Veränderungen einfließen lassen, aber andererseits unterliegen Sprachen Gesetzen z.B. historische Lautwandel, die unbewusst gesehen.

Saussure sah die Sprachwissenschaft als interdisziplinäre Wissenschaft an. Nur mit Hilfe der Soziologie, Geschichte, Ethnologie u.v.a. waren seiner Meinung nach konkrete Aussagen und Beweisführungen möglich. Für unser heutiges Verständnis von Wissenschaft ist das selbstverständlich, aber zu Saussures Zeiten ein recht neuer Gedanke.

Seine Zeichenlehre (weiter Stichworte→ semiotisches Dreieck, Signifikat, Signifikant, Arbitrarität des Zeichens etc.) begründete innerhalb der Linguistik ein neues Forschungsfeld, die Semiotik. Saussures Ideen des Strukturalismus wurde von vielen Forscher wie Roman Jakobsen oder Nikolai Trubetzkoy genutzt und ausgebaut, griffen in der 1930er Jahren aber auch auf andere Wissenschaftszeige wie der Anthropologie und Literaturwissenschaft über. Bekannte Vertreter sind z.B. Levi-Strauss und Roland Barthes.

Das Werk Saussures wird in der Sprachwissenschaft als Grundlage für viele weitere Forschungen genutzt. Die Allgemeingültigkeit seiner Theorien überdauern bislang die Schnelllebigkeit der Wissenschaftslandschaft.

Quellen

Jäger, Ludwig. Ferdinand de Saussure zur Einführung. Junius, Hamburg 2010

Joseph, John. Saussure. Oxford University Press, Oxford 2012

Saussure, Ferdinand. Grundfragen der allgemeinen Sprachwissenschaft. De Gruyter, Berlin 1967

Schreib einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

*