
Wenn wir an deutsche Auswanderer denken, kommen uns als erstes die großen Auswanderungswellen nach Amerika in den Sinn. Aber auch innerhalb Europas suchten viele Deutsche nach einem neuen Zuhause.
Im 18. Jahrhundert kam es zu einer großen Ansiedlung von verschiedenen deutschen Bevölkerungsgruppen im Banat. Diese Region erstreckt sich heute über Teile Ungarns, Serbien und Rumäniens, gehörte aber damals zum Habsburger Reich. Kriege hatten ganze Landstreiche entvölkert, die wieder besiedelt und genutzt werden sollten. Dafür wurden zuerst nur katholische Siedler, u.a. aus Franken, Rheinpfalz, Elsass, Österreich und dem Sauerland, angeworben. Die namengebenden Schwaben machten dabei nur einen kleinen Teil der neuen Siedler aus.
Die Menschen stammten größtenteils aus Bauernfamilien und hatten durch den Kinderreichtum in ihrer Heimat kaum Aussicht auf einen eigenen Hof. Die finanzielle Unterstützung, die sie in der neuen Heimat bekamen, machte vielen die Entscheidung leichter. Auch andere Berufsgruppen wie Pfarrer, Lehrer und Handwerker folgten dem Ruf.
Die systematische Besiedlung des Banats begann nach 1718 als Habsburg diese Region übernahm. Verwaltungsbeamte der Monarchie wiesen den Siedlern ihre neuen Höfe und ihr Land zu, eine Durchmischung der Siedlergruppen war durchaus gewollt. Die Maßnahmen zur Ansiedlung kostete Österreich viel Geld, so dass sich in Wien Unmut gegen die deutschen Siedler regte. Die Region war in den ersten Jahren völlig abhängig und erwirtschaftete nur wenig. Der Strom der Siedler ließ merklich nach, weil das Banat einen schlechten Ruf hatte.
Die ersten Jahre waren für die Siedler hart. Die Landschaft besaß keine Infrastruktur, es fehlte an Wohnraum, Schulen, Kirchen etc. Bis zur Kultivierung der Felder und funktionierender Dorfgemeinschaften vergingen mehrere Jahre. Dazu kamen noch Krankheitsausbrüche wie die Pest und die Arbeit in der österreichischen Armee, die viele Männer von der Feldarbeit und dem Hausbau fernhielt.
Die Erschließung durch Sumpftrockenlegung legte den Grundstein für den Erfolg der Banater Schwaben. Die Erde eignete sich gut zum Anbau von Feldfrüchten und ab dem 19. Jahrhundert konnte man davon sprechen, dass die Siedler sich einen bescheidenen Wohlstand erarbeitet hatten. Die rechtliche Lage der Bauern und Handwerker war jedoch nicht besser als beim Rest der Bevölkerung. Daher traten viele Genossenschaften zusammen, um sich rechtlich besser aufzustellen.
In den Städten wie Temeswar (heute Timișoara) entwickelten sich eine reiche Kulturszene, aber auch eine deutsche Arbeiterschicht, die sich gegen die zunehmende Magyarisierung der erstarkenden Ungarn ab der Mitte des 19. Jahrhunderts zu Wehr setzte. Besonders wichtig war den Banater Schwaben der Deutschunterricht, den sie auch verbotenerweise gewährleisteten. Viele Deutsche entschieden sich in dieser Zeit nach Übersee auszuwandern. Diese Auswanderungswelle hielt bis zur Ausbruch des I. Weltkrieges an.
Nach dem Krieg und auch die folgenden Jahrzehnte waren die deutschen Minderheiten ein Spielball der großen Mächte. Es wurde kaum Rücksicht auf die historisch gewachsenen Gebiete und Bevölkerungsgruppen genommen. Nach dem II. Weltkrieg standen die Banater Schwaben vor der Frage ob sie nach Deutschland gehen oder für ihre Rechte in Rumänien kämpfen sollten. Die politische Stimmung wandte sich unter Ceaușescu gegen die Minderheiten, wodurch sich viele zum Auswandern entschlossen.
Heute lebt nur noch eine kleine Minderheit der Banater Schwaben in Rumänien. Genaue Zahlen sind unverlässlich, aber es sind einige Tausend (zusammen mit anderen deutschen Minderheiten geht man von insgesamt 40.000 aus). Trotzdem haben sie sich ihre Eigenständigkeit in Hinblick auf Sprache und Traditionen bewahrt. Besonders bekannt sind der Lyriker Nikolaus Lenau und die Schriftstellerin Herta Müller.
Quellen
Berend, Nina (Hrsg.). Sprachinselwelten : Entwicklung und Beschreibung der deutschen Sprachinseln am Anfang des 21. Jahrhunderts. Lang. Frankfurt am Main 2006
Hügel, Kaspar. Die Banater Schwaben in und aus Rumänien : zum Ausklang einer südostdeutschen Stammesgemeinschaft. Österreichische Landsmannschaft. Wien 1998