Lebensgeschichte von Mina Witkojc

Die nenneswerteste niedersorbische Lyrikerin des 20. Jahrhunderts wurde am 28. Mai 1893 in Burg als uneheliches Kind eines Wirtes und einer Magd geboren. Durch die schwierigen Umstände der Familie wuchs Mina Witkojc größtenteils bei ihrer Großmutter mütterlicherseits auf. Nur dort fühlte sie sich wirklich zuhause. Im Hause des Vaters in Lipje (dt. Leipe), in dem sie als Kleinkind kurz lebte, wurde ausschließlich Deutsch gesprochen, ebenso in der Volksschule. Die wendische Tradition, Sprache und Denkweise vermittelte ihr die Großmutter, zu der sie zeitlebens große Zuneigung empfand.

Witkojc Schulbildung war nur auf die grundsätzlichen Fähigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen beschränkt. Schon während der Schulzeit arbeitete sie als Dienstmädchen in Burg und Berlin. In dieser Zeit entstanden schon die ersten Gedichte, auf Deutsch. Witkojc las in ihren Jugendjahren mit großer Freude deutsche Klassiker von Goethe, Heine und anderen. Ihre lyrischen Erstwerke zeugen von dem Einfluss dieser Lektüre. Aber man erkennt von Anfang an die Individualität Witkojcs. Nach dem Abschluss der Volksschule arbeitete sie in Berlin als Dienstmädchen, während des ersten Weltkrieges als Fabrikarbeiterin. Nach dem Krieg kehrte sie nach Hause zurück und lernte Jan Cyž (1898 – 1985 sorbischer Jurist, Verleger und Lokalpolitiker) und Arnošt Muka (1854 -1932 sorbischer Schriftsteller) kennen. Muka unterrichtete Witkojc, lehrte sie Niedersorbisch lesen und schreiben. In der Folgezeit übersetzte sie, neben ihrer eigenen literarischen Arbeit, Werke anderer Schriftsteller v.a. aus dem Obersorbischen und Tschechischen ins Niedersorbische.

Ab 1923 übernahm sie die Redaktion der Serbski Casnik (wendische Wochenzeitung). 1924 kam die Arbeit am jährlich erscheinenden Kalender Pratyja dazu. Auch die Förderung der sorbischen Kultur mit Trachten und Theater u.a. gehörten zu Witkojc Tätigkeiten. Sie pflegte rege Kontakte nach Tschechien und Polen.

Nach 1933 wurden die Aktivitäten der Sorben sukzessive eingeschränkt. Die Gestapo beobachtete die Schriftstellerin seit 1941 verstärkt und verwies sie 1942 aus der Lausitz und Umgebung. Witkojc kam bei Verwandten in Erfurt unter und lebte die Kriegsjahre unter ständiger Beobachtung. 

Auch nach Kriegsende und Rückkehr nach Burg hatte sie Probleme mit den Behörden, die ihr „deutschfeindliches“ Verhalten vorwarfen. Darum ging sie 1947 auf Einladung eines tschechischen Freundes nach Tschechien und verbrachte dort einige Jahre. In dieser Zeit schrieb sie kaum, überarbeitete und übersetzte aber einige Werke (z.B. die Erfurter Erinnerungen). Durch politische Schwierigkeiten war ihre Rückkehr in die Heimat erst 1954 möglich. 1964 bekam sie, zusammen mit Jan Cyž, den Ćišinski-Preis (Preis für Verdienste rund um die sorbische Kultur) verliehen. Sie starb am 11. November 1975 in Popojce (dt. Papitz).

Quelle: Witkojc, Mina. 2001. Echo aus dem Spreewald. 1. Bautzen: Domowina-Verl.

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