Walisische Sprachinsel in Argentinien

Südamerika ist durch die Kolonisation der Spanier und Portugiesen geprägt, doch auch andere Länder schickten ihre Siedler in dieses oft nur schwer zugängliche Land. Diese Siedlungen sind meist bis heute erhalten und bewahren ihre europäischen Traditionen und Sprachen. Eine Sprache, die man aber kaum erwartet, ist das Walisische in der Provinz Chubut im Süden Patagoniens.

Die Geschichte der walisischen Siedler ähnelt denen der anderen eher kleinen Gruppen an Auswandern wie den Sorben in Texas oder den Hunsrückern in Brasilien. In der Heimat gab es wenig Arbeit, Missernten und politische Probleme, die eine Auswanderung und die Aussicht auf ein Leben in Wohlstand und Freiheit verlockend erschienen ließen.

Die argentinische Regierung benötigte im 19. Jahrhundert Siedler für die Küstenregionen der Provinz Chubut. Die dort ansässige indigene Bevölkerung wurde immer mehr vertrieben oder bei Militäreinsätze ermordet. Europäische Siedler sollten diese Regionen neu besiedeln und urbar machen. Der Prediger Michael D. Jones, der von einem freien Wales ohne englischen Einfluss träumte, sah seine Chance. Er handelte große Landabschnitte und freie Ausübung von Sprache und Religion mit der argentinischen Regierung aus und begann in Wales für sein Projekt zu werben. Auch andere wie Lewis Jones schlossen sich der Idee an.

Dem Ruf der Regierung folgte eine Gruppe von gut 150 walisischen Siedler, vor allem Handwerker und Bergleute mit ihren Familien, die sich am 28. Juli 1865 auf die lange Reise an die Argentinische Küste machten. Leider waren kaum Menschen mit Landwirtschaftserfahrungen dabei, obwohl der Plan vor allem die Urbarmachung des neuen Landes war. Das führte zu Frustration der Siedler und erschwerte den Start ins neue Leben erheblich. Mit Hilfe der noch in der Region lebenden Indigenen überlebten die Siedler die ersten Jahre und lernten von ihnen wie sie die Felder bestellen sollen und was sie anpflanzen können. Trotzdem gab es immer wieder Gewaltausbrüche und Kämpfe, da die Siedler Teile des Land der Indigenen einfach zu eigen gemacht hatten.

Als die ersten Siedlungen (Gaiman, Dolavon, Trelew) wuchsen, machten sich einige Siedler auf die Suche nach anderen Orten im Westen des Landes , um weitere Dörfer z.B. Trevelin zu gründen. 1886 begann der Bau einer Eisenbahn, was die Anwerbung weiterer Menschen aus Wales nach sich zog, da auch die Ingenieure aus Wales bzw. England stammten.

Es gab nach kurzer Zeit schon einige kleinere walisische Zeitungen, die unabhängig vom Mutterland berichteten. Die Siedlungen waren sprachlich recht homogen, so dass das gesellschaftliche Leben auf walisisch stattfand. Es wurden unter anderem Kapellen und Windmühlen gebaut, von denen einige bis heute die Landschaft prägen.

Immer wieder ereilten die Siedlungen und kleinen Städte Rückschläge, meist durch Überschwemmungen. Auch die politischen Freizügigkeiten der Regierung endeten ab den 1890er Jahren, so wurden z.B. junge Männer zur Armee eingezogen. Außerdem gab es Streitigkeiten zwischen den alteingesessenen und neuen Siedlern. Viele Menschen entschieden sich deshalb weiter in die USA oder Kanada zu ziehen.

Walisisch wird in den Städten, die aus den Siedlungen entstanden sind, weiterhin gepflegt, allerdings nimmt die Zahl der Sprecher*innen ab. Die Beschulung in Spanisch und die Mischung der Bevölkerung trägt maßgeblich dazu bei. Heute gehen optimistische Schätzungen von bis zu 5.000 Sprecher*innen aus. Seit 1997 wird das Walisische wieder aktiv gefördert, in Zusammenarbeit mit Wales. Unteranderem gibt es Sprachkurse und Stipendien für ein Studium in Wales. Festivals und sportliche Veranstaltungen finden in walisischer Sprache statt und auch heute noch entschließen sich junge Waliser und Waliserinnen nach Patagonien zu reisen, um diesen Teil ihrer Geschichte kennenzulernen.

Quellen

Walter Ariel Brooks, ‚Welsh print culture in y Wladfa: The role of ethnic newspapers in Welsh Patagonia, 1868-1933‘. Cardiff University PhD thesis, 2012

https://www.wales.com/de/ueber-wales/willkommen-wales/wales-und-die-welt/die-geschichte-der-waliser-patagonia

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